Von "Kunstgewerbemuseum, Staatliche Museen zu Berlin"
Kunstgewerbemuseum, Staatliche Museen Berlin
Balenciaga im Kunstgewerbemuseum Berlin
Das Kunstgewerbemuseum in Berlin beherbergt mit einer Spanne von drei Jahrhunderten eine der umfassendsten Modesammlung in Deutschland. Mit dem Ankauf einer der weltweit bedeutendsten Privatsammlungen von Martin Kamer und Wolfgang Ruf 2003, wurden wichtige Designpositionen des 20. Jahrhunderts inklusive einer Auswahl von Kleidern und Hüten von Cristóbal Balenciaga für die Öffentlichkeit zugänglich. Die kleine aber feine Sammlung von Balenciagas Entwürfen bringt das Genie des herausragenden Designers auf den Punkt. Tages- und Abendkleidung illustriert seinen innovativen Geist, gekrönt von einem frühen Beispiel seiner Handwerkskunst von 1939/40.
Porträt von Cristóbal Balenciaga (1947) von UnbekanntKunstgewerbemuseum, Staatliche Museen zu Berlin
Cristóbal Balenciaga
Der im nordspanischen Guetaría geborene Cristóbal Balenciaga eröffnete 1917, nach einer Schneiderlehre, einen ersten Salon in San Sebastián. Weitere Niederlassungen, zunächst in Madrid (Eisa), später in Barcelona folgten. 1937, mit Beginn des spanischen Bürgerkriegs, verließ Balenciaga Spanien und gründete in Paris ein neues Unternehmen. Bereits mit seiner ersten Kollektion hatte er durchschlagenden Erfolg. Cristóbal Balenciaga zählt zu den einflussreichsten Modeschöpfern des 20. Jahrhunderts. Seine eleganten Kreationen von oft skulpturaler Schlichtheit sind Ausdruck einer konstanten Suche nach Perfektion, sowohl im Schnitt, als auch in der Verarbeitung. Im Gegensatz zu Christian Dior lancierte Balenciaga keine neue Linie pro Saison, der sich die Kundinnen anpassen mussten. Sein Interesse lag darin Linien zu entwickeln, die grundsätzliche Lösungen für seine Kundinnen brachten.
Tagesgarderobe
Balenciagas Werk steht für komplex konstruierte Einfachheit der Schnitte die in exquisiten Materialien meisterhaft ausgeführt wurden. So gelangen ihm für den Tag, Mäntel und Kostüme von asketischer Schlichtheit, die ihre Geheimnisse erst auf den zweiten Blick freigeben.
Roter Turban
Spanien, um 1955
Für diese wärmende Kopfbedeckung wurde Wolljersey in weiche Falten gelegt und auf einer Kalotte aus versteiftem Leinen fixiert. Der Turban trägt ein „Eisa“ Etikett, wurde also in der Madrider Niederlassung von Cristóbal Balenciaga erworben.
Grünes Mohairkleid (1959) von Cristóbal BalenciagaKunstgewerbemuseum, Staatliche Museen zu Berlin
Grünes Mohairkleid
Paris, um 1959
Dieses Kleid besteht aus nur zwei Teilen, die wie Blütenblätter übereinander liegen. Sie sind nur durch eine kleine Naht –kaschiert von den Schleifen- miteinander verbunden. Das Vorderteil des Kleides ist mittels Abnähern nahe an den Körper herangeführt, während das Rückteil lose herabfällt.
Olivgrüner Damenmantel (um 1963) von Cristóbal BalenciagaKunstgewerbemuseum, Staatliche Museen zu Berlin
Olivgrüner Damenmantel
Paris, um 1963
Erfolgreiche Ideen, wie die Empirelinie (1957) oder die Sacklinie (1959) vervollkommnete er und griff immer wieder darauf zurück.
Der schmale Mantel mit angeschnittenen Fledermausärmeln ist aus einem Stück Stoff gearbeitet. Eine einzige Naht, sie verläuft in Brusthöhe, reichte Balenciaga aus, um daraus den dreidimensionalen Mantel zu formen.
Wollkostüm (1965) von Cristóbal BalenciagaKunstgewerbemuseum, Staatliche Museen zu Berlin
Wollkostüm
Paris, 1965
Diesem sachlichen Kostüm verleihen die aufgesetzten Taschenpatten eine sportliche Note, während der halsferne Kragen und die dreiviertellangen Ärmel sehr feminin wirken. Der knielange Rock ist in der Taille an einem breiten Bund ringsum angekraust und fällt gerade herab.
Lila Kostüm
Paris, 1966
Auch dieses Kostüm illustriert Balenciagas Kunst des Weglassens. Der Rücken ist mit den Ärmeln in einem Stück geschnitten und erhält dadurch die von Balenciaga angestrebte gerade Linie mit runder Schulter. Der schlichte Rock wurde aus einer einzigen, als Parallelogramm verarbeiteten Gewebebahn gefertigt und hat daher nur eine schräg auf der Rückseite verlaufende Naht, in die der Reißverschluss eingearbeitet ist.
Abendgarderobe
Balenciagas Kreationen für den Abend zeugen von außerordentlicher Phantasie und überraschen mit einer Vielfalt an Formen, Materialien und Dekoren.
Abendkleid mit schwarzer Spitze (um 1940) von Cristóbal BalenciagaKunstgewerbemuseum, Staatliche Museen zu Berlin
Evening Gown with Black Lace
Paris, ca. 1940
Cristóbal Balenciaga ließ sich von Diego Velazquez’ Gemälde Las Meninas zu diesem Prinzesskleid im Infanta-Stil anregen. Eine asymmetrisch gesetzte Spitzenkante betont die vertikale Linie von Korsage und Rock.
Ballkleid aus rosa Seidentaft mit separatem Gürtel (1955) von Cristóbal BalenciagaKunstgewerbemuseum, Staatliche Museen zu Berlin
Ballkleid aus rosa Seidentaft
Paris, 1955
Balenciaga hat sich immer wieder von historischen Vorbildern inspirieren lassen und gab hier eine moderne Interpretation der Tournürenmode des späten 19. Jahrhunderts. Für dieses kürzere Abendkleid drapierte er den leichten und doch festen Seidentaft zu üppigen Schüsselfalten. Sie überziehen Rock und Korsage und werden hinten zu einer Kaskade zusammengefasst.
Das Kleid stammt aus dem Besitz von Elisabeth Firestone (1897–1990). Sie hatte 1921 Harvey S. Firestone Jr. aus der amerikanischen Dynastie von Reifenherstellern geheiratet. Mehrmals war sie zur bestangezogenen Frau des Jahres gewählt worden, und sie zählte zu den langjährigen Kundinnen des Modehauses Balenciaga.
Über einer engen Taille hat Balenciaga rosa Seidentaft in üppiger Querraffung wie in einer Momentaufnahme drapiert.
Unter dem Saum des Seidentafts wird ein dreifacher Besatz aus weißer Maschinenspitze sichtbar.
Kurzes Ballkleid (um 1955) von Cristóbal BalenciagaKunstgewerbemuseum, Staatliche Museen zu Berlin
Kurzes Ballkleid
Paris, um 1955
Ganz im Gegensatz dazu steht das duftige Ballkleid aus zartem Tüll mit eingewebten Blüten. Inspiration waren die schwarzen Spitzenmantillen, die schon Francisco de Goya in seinen Portraits festhielt.
Abendhut aus schwarzen Bändern
Paris, um 1955
Das mit kurzen Seidenbändern besetzte Hütchen zitiert die schwarzen Spitzenmantillen der spanischen Heimat Cristóbal Balenciagas.
Ballonkleid mit rosa Punkten (um 1958) von Cristóbal BalenciagaKunstgewerbemuseum, Staatliche Museen zu Berlin
Ballonkleid mit rosa Punkten
Paris, 1958
Für Schnitt und Dekor dieses gebauschten Ballkleides ließ sich Balenciaga von den Kostümen der Flamenco-Tänzerinnen seiner spanischen Heimat inspirieren.
Das Rockteil erhält seine gebauschte Form durch die Fülle des festen Tafts, der bis in Kniehöhe lose nach innen umgeschlagen ist und rund und locker fällt. Der Rock ist vorn kürzer gearbeitet, eine Querraffung mit Schleifenapplikation strukturiert die Stoffmassen.
Rosafarbene Slingpumps von R. Delicata
Paris, 1958
Diese mit kräftig pinkfarbenem Taft bezogenen Slingpumps trug Elisabeth Firestone (1897–1990) zu Balenciagas Polka-Dot-Kleid.
Cocktailkleid mit Schulterkragen
Paris, 1959
Für dieses puristische Cocktailkleid von klösterlicher Strenge kombinierte Cristóbal Balenciaga das Brusttuch schlichter Nonnenkleidung mit einem verführerischen Rückendekolleté.
Großes Abendensemble, Kleid mit Mantel (um 1955) von Cristóbal BalenciagaKunstgewerbemuseum, Staatliche Museen zu Berlin
Großes Abendensemble
Paris, um 1960
Klösterliche Strenge charakterisiert auch dieses schulterfreie Abendkleid in Prinzesslinie, das unter einem weiten und verschlusslosen Mantel aus doppelt gelegtem Crêpe Marocain getragen wird.
Die Korsage ist mit einer Schleife verziert – ein wiederkehrendes Detail in Balenciagas Designs.
Abendhut mit Federbesatz
Paris, um 1960
An einer kleinen, mit schwarzem Seidenatlas bezogenen Kappe ist am Hinterkopf ein lang herabhängender Schweif aus grünen, auf Tüll fixierten Straußenfedern angeheftet. Schmale Streifen aus grüner Spiegelfolie wurden zusätzlich an einzelnen Federästen angesetzt.
Abendkleid mit Schleppe
Paris, um 1965
An das hüftlange schlichte Oberteil setzt in verlaufender Linie ein leicht gekrauster Rock in Pfauenliniet an. Das steife Seidengewebe Gazar verleiht dem Kleid skulpturale Qualität.
Gelbes Abendensemble (um 1966/1967) von Cristóbal BalenciagaKunstgewerbemuseum, Staatliche Museen zu Berlin
Gelbes Abendensemble,
Paris, 1966/67
Das starre Seidengewebe Gazar für Cristobal Balenciaga von der Schweizer Textilfirma Abraham entwickelt, erfordert einen minimalistischen Schnitt von architektonischer Klarheit.
1968 schloss er sein Unternehmen und zog sich nach Spanien zurück.
Diese kleine, nur 12 Modelle und drei Hüte umfassende Fokusausstellung zu Cristóbal Balenciaga stellt exemplarisch die wichtigsten Merkmale der Kunst von Cristóbal Balenciaga vor, von dem Christian Dior sagte: Er ist unser aller Meister.
Text: Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz / Christine Waidenschlager
Konzept: Christine Waidenschlager
Redaktion / Umsetzung: Merle Walter
© Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz www.smb.museum
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