Flugmaschinen
Leonardo beschäftigte sich in den verschiedensten Phasen seines Lebens mit Flugstudien. Die Beobachtungen, die er machte, führten zu einigen seiner bahnbrechendsten und vorausschauendsten Theorien. Diese orientierten sich jedoch nicht an den Einflüssen althergebrachter Vorstellungen, auch wenn zeitgenössische Ingenieure aus Siena zu jener Zeit Fluggeräte wie den Fallschirm erfanden.
Leonardo war fasziniert von der Idee, die Formen der Natur in eine Maschine zu übertragen, mit der Menschen fliegen konnten. Seine Arbeit verlief methodisch, wobei Beobachtungen, Zeichnungen, Messungen und Experimente kontinuierlich miteinander verschmolzen. Seine Entwürfe für Flugmaschinen entstammen also nicht etwa einer romantischen Intuition, sondern sind vielmehr seiner kontinuierlichen und zunehmend rigorosen Arbeit geschuldet, die anfangs auf praktischen mechanischen Studien basierte und über die Jahre hinweg zur Formulierung einer umfassenden Theorie über das Fliegen führte.
Studien zum Luftwiderstand
Das Fliegen hatte für Leonardo da Vinci nichts Geheimnisvolles. Durch seine Beobachtungen von Vögeln und Studien zur Beschaffenheit von Luft kam Leonardo da Vinci zu der Überzeugung, dass das Fliegen nur ein mechanischer Prozess ist. Schon früh fand er heraus, dass sich Luft komprimieren lässt und aufgrund ihres Widerstands den Körper eines Vogels und folglich auch das Gewicht einer Flugmaschine tragen kann.
Auch eine weitere Anwendung der Leonardo-Prinzipien zum Luftwiderstand, in Form einer Luftschraube, stammt aus dieser Zeit. Die Annahme, dass eine Schraubenstruktur Schubkraft erzeugt, basiert auf der Vorstellung, dass sich die Luft wie ein fester Körper verhalten und ein anderer Körper in diesen eindrehen könne. Die Beobachtung bestimmter Helikoide, wie die Samen einiger Bäume, die sich beim Fallen um sich selbst drehen, hat zweifellos zur Entwicklung Leonardos Konzepts dieser Struktur beigetragen.
Flugmaschinen mit schlagenden Flügeln
Der Großteil der Flugstudien aus den Mailänder Jahren konzentrierte sich jedoch auf den Versuch, eine Flugmaschine mit schlagenden Flügeln zu schaffen, durch die die Anatomie und Physiologie des Vogelfluges mechanisch umgesetzt wird.
Leonardo entwarf einen Flügel, der an die Struktur eines Fledermausflügels erinnert. Sein mit Stoff überzogener Rahmen aus Schilfrohr war leicht und dennoch widerstandsfähig. Während seiner Studien entwarf er weitere unterschiedliche Flügeltypen.
Leonardo da Vinci GalleriesNational Museum of Science and Technology Leonardo Da Vinci
Gleitflug
Ab 1503 nahm Leonardo da Vinci sein Studium des Vogelflugs in einer organischeren und systematischeren Art und Weise wieder auf. Ihm war bewusst geworden, dass er seine Flugtheorien nicht mit schlagenden Flügeln würde umsetzen können, so anatomisch korrekt sie auch sein mochten. Doch auch für seine neuen Entwürfe von Flugmaschinen ließ er sich von der Natur inspirieren. Nach Vorbild der großen Raubvögel, etwa dem Milan, sollten sie aufsteigende Luftströmungen ausnutzen können, um mithilfe ihrer Flügel in den Gleitflug zu gehen.
Aliante, particolare von Alberto Mario Soldatini e Vittorio SomenziNational Museum of Science and Technology Leonardo Da Vinci
Obwohl da Vinci an die Grenzen des Möglichen stieß, überraschen seine Studien auch heute noch durch die Genauigkeit und die Genialität, die sich in den vorausschauenden und visionären Konzepten zeigt. Sie stellen den utopischen Versuch dar, die Naturgesetze zu verstehen und sie letztendlich durch die gestalterische Ausführung zu bezwingen.
Paracadute von Soldatini Alberto Mario, Somenzi VittorioNational Museum of Science and Technology Leonardo Da Vinci
FallschirmAuf ein mit Studien und Anmerkungen überzogenen Blatt zur Mechanik des Fluges zeichnete Leonardo da Vinci diesen Fallschirm in Form einer viereckigen Pyramide mit einem Sockel und einer Höhe von ca. 7 Metern.
Die Oberfläche des Gewebes wurde gestärkt, um es luftundurchlässig zu machen. Die mit schnellen und effizienten Linien ausgeführte Zeichnung basiert auf da Vincis Vorahnung, dass Luft komprimiert werden kann, was bedeutet, dass ihr Widerstand den Körper eines Vogels und folglich auch das Gewicht einer Flugmaschine tragen kann.
BEATING WINGNational Museum of Science and Technology Leonardo Da Vinci
Schlagender Flügel
Dieses Modell verdeutlicht das Konzept, dass Flügel Gewicht tragen können. Auf einem Sockel sind ein Hebel und ein Flügel angebracht, die über eine Gelenkvorrichtung miteinander verbunden sind.
Der Flügel wurde auf einem schweren Brett angebracht, das auf dem Sockel aufliegt. Er besteht aus einem Rahmen aus Schilfrohr, der mit einem luftundurchlässigen Stoff überzogen ist.
Laut da Vinci müsse man nur den langen Hebel schnell genug herunterdrücken, damit der daran befestigte Flügel Luft verdrängt und komprimiert, sodass das Gewicht des schweren Brettes, das etwa so viel wiegt wie ein Erwachsener, angehoben wird.
AIR SCREWNational Museum of Science and Technology Leonardo Da Vinci
Luftschraube
Dieses Modell einer Flugmaschine mit einem rotierenden Flügel bildet in da Vincis enormer Sammlung zu diesem Thema eher die Ausnahme, da sich die meisten Studien auf Flugmaschinen mit schlagenden Flügeln bezogen.
Leonardo erschuf eine Struktur, die in der Natur vorkommenden Helikoiden, wie etwa Ahornsamen, nachempfunden war. Diese drehen sich um sich selbst und können so große Entfernungen zurücklegen. Hier wurde zum ersten Mal die Spiralstruktur, die seit der Antike nur in der Hydraulik eingesetzt wurde, auf die Luft und die Möglichkeit des Fliegens angewandt.
Meccanismo per il volo a vite e madrevite von Alberto Mario Soldatini e Vittorio SomenziNational Museum of Science and Technology Leonardo Da Vinci
Ein Flugmechanismus mit Schraube und Bolzen
Dieses Modell verdeutlicht einen komplexen Mechanismus für den Antrieb der schlagenden Flügel.
Dieses Modell entwarf da Vinci, um die Muskelkraft des Piloten zu vervielfachen, damit dieser sich weniger anstrengen musste.
Navicella volante von Alberto Mario Soldatini e Vittorio SomenziNational Museum of Science and Technology Leonardo Da Vinci
Luftschiff
Dieses Modell eines Luftschiffs, eine der faszinierendsten Synthesen unter allen Flugstudien, besteht aus einer Pilotenkabine in Form eines Wasserfahrzeugs, einer Art Nussschale, in der der Pilot entweder stehen oder sitzen kann.
Es ist außerdem mit einem Paar großer Fledermausflügel und einem langen Schwanz ausgestattet.
Der sonst eher selten vorkommende Schwanz soll möglicherweise für Stabilität im Flug und insbesondere bei der Landung sorgen und war eventuell sogar als Ruder gedacht.
Navicella volanteNational Museum of Science and Technology Leonardo Da Vinci
Macchina volante con motore a balestra von Soldatini Alberto Mario, Somenzi VittorioNational Museum of Science and Technology Leonardo Da Vinci
Flugmaschine mit Armbrustmotor
Das Modell zeigt die Studie einer Flugmaschine mit schlagenden Flügeln, die von einem Armbrustmotor angetrieben wird. Sie besteht aus einer vertikalen Struktur, auf der zwei verschiedene Vorrichtungen montiert sind: ein Mechanismus mit zwei Gelenkflügeln und ein Armbrustmotor am Sockel.
Macchina volante con motore a balestra, particolare von Alberto Mario Soldatini e Vittorio SomenziNational Museum of Science and Technology Leonardo Da Vinci
In dieser Studie wird das Schlagen der Flügel nicht durch Muskelenergie ausgelöst, sondern durch eine Armbrustfeder (Blattfeder), die mithilfe eines Griffs gespannt wird.
Macchina volante ad ali battenti von Alberto Mario Soldatini e Vittorio SomenziNational Museum of Science and Technology Leonardo Da Vinci
Flugmaschine mit schlagenden Flügeln
Dies ist ein Modell der Studie einer Flugmaschine mit schlagenden Flügeln, die durch Muskelkraft bewegt werden. Es besteht aus einer vertikalen Käfigstruktur, an der zwei Flügelstrukturen angebracht sind, die wiederum mit einem Doppelsystem von Riemenscheiben verbunden sind, die durch zwei Fußhalterungen betätigt werden.
In dieser Studie, eine der letzten, die Leonardo dem "instrumentellen" oder mechanischen Flug gewidmet hat, werden die Flügel durch den Piloten bewegt, der die Käfigstruktur trägt. Seine Füße stecken dabei in den beiden Fußstützen und betätigen die Riemenscheiben.
Macchina volante ad ali battentiNational Museum of Science and Technology Leonardo Da Vinci
Struttura d’ala a inclinazione variabile von Alberto Mario Soldatini e Vittorio SomenziNational Museum of Science and Technology Leonardo Da Vinci
Struktur für einen Flügel mit variabler Neigung
In dieser detaillierten Studie versuchte Leonardo, das Schlagen der Flügel eines Vogels während der verschiedenen Flugphasen mechanisch nachzuahmen.
Um den Flügel zum Schlagen zu bringen, betätigt der Pilot gleichzeitig mit dem Fuß den Bügel zwischen den beiden Hauptkabeln und mit der Hand den oberen Griff.
GLIDERNational Museum of Science and Technology Leonardo Da Vinci
Segelgleiter
Das Modell stellt ein Segelflugzeug dar, dessen Flügel mithilfe von Seilen und Streben gespannt gehalten werden. Die Flügel sind
denen von Fledermäusen und Vögeln mit großen Spannweiten nachempfunden und scheinen an dem Teil, der dem Piloten am nächsten ist, fixiert und weiter außen beweglich zu sein.
Leonardo entwarf dieses Konzept, nachdem er die Flügelstruktur von Vögeln studiert und dabei beobachtet hatte, dass sich der innere Teil ihrer Flügel langsamer bewegt als der äußere.
Museo Nazionale della Scienza e della Tecnologia
Leonardo da Vinci
Via San Vittore 21
Milano
www.museoscienza.org