Die Regierung de Maizière

Endgültiges Ergebnis der Wahlen zur Volkskammer der DDR (1990-03-18)German Federal Archives

Als Ergebnis der ersten freien Volkskammerwahl der DDR am 18. März 1990 wurde am 12. April 1990 die „Regierung de Maizière“ mit Lothar de Maizière (CDU) als Ministerpräsident gebildet. Sie löste die von Hans Modrow (SED/PDS) geführte Regierung ab und stand vor gewaltigen innen- und außenpolitischen Herausforderungen. Als letzte und einzige demokratisch gewählte Regierung der DDR war es ihre Aufgabe, so schnell wie möglich die Voraussetzungen für den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland zu schaffen. Die Galerie gibt einen Einblick in die Regierungszeit vom 12. April bis zum 2. Oktober 1990 und die zentralen Aufgaben, vor denen die Regierung de Maizière stand. Dabei veranschaulichen die präsentierten Dokumente und Fotos nicht nur die Resultate dieser kurzen aber intensiven Regierungsarbeit, sondern spiegeln auch Entstehungs- und Verhandlungsprozesse wider.

Lothar de Maizière, Vorsitzender und Spitzenkandidat der CDU, am Tag der Volkskammerwahl (1990-03-18) by Oberst, KlausGerman Federal Archives

Mit der am 18. März 1990 frei gewählten Volkskammer erhielt die DDR erstmals ein demokratisches Parlament. Bei einer Wahlbeteiligung von 93,4 % ging als Sieger mit rund 48 Prozent das Wahlbündnis „Allianz für Deutschland“ hervor, das aus der Ost-CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Lothar de Maizière, dem Demokratischen Aufbruch (DA) und der Deutschen Sozialen Union (DSU) bestand. Die SPD kam als zweitstärkste Partei auf 21,9 %; drittstärkste Partei wurde die in PDS umbenannte SED mit 16,4 %.

Unterzeichnung der Koalitionsvereinbarung, v.l.n.r.: Rainer Eppelmann, Markus Meckel, Lothar de Maizière, Hans-Wilhelm Ebeling, Rainer Ortleb (1990-04-12) by Oberst, KlausGerman Federal Archives

Die „Allianz für Deutschland“ aus CDU, Demokratischer Aufbruch (DA) und Deutsche Soziale Union (DSU) bildete am 12. April 1990 eine große Koalition mit der SPD und den Liberalen.

Grundsätze der Koalitionsvereinbarung zwischen den Fraktionen der CDU, der DSU, dem DA, den Liberalen (DFP, BFD, F.D.P.) und der SPD Seite 2, 1990-04-12, From the collection of: German Federal Archives
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Grundsätze der Koalitionsvereinbarungen zwischen den Fraktionen der CDU, der DSU, dem DA, den Liberalen (DFP, BFD, F.D.P.) und der SPD (2. Seite)

Vereidigung des neu gewählten Ministerpräsidenten der DDR, Lothar de Maizière (CDU), durch Volkskammerpräsidentin Dr. Sabine Bergmann-Pohl (1990-04-12) by Oberst, KlausGerman Federal Archives

In der Volkskammer am 12. April 1990 wurde der Spitzenkandidat der CDU Lothar de Maizière mit 265 zu 108 Stimmen bei 9 Enthaltungen zum Ministerpräsidenten der Koalitionsregierung gewählt und von der Volkskammerpräsidentin Dr. Sabine Bergmann-Pohl vereidigt.

Ministerpräsident Lothar de Maizière (vorn, 3.v.r.) mit 21 Mitgliedern der neuen Regierung (1990-04-12) by Oberst, KlausGerman Federal Archives

Ministerpräsident Lothar de Maizière (vorn, 3.v.r.) mit 21 Mitgliedern der neuen Regierung

Geschäftsverteilungsplan der Regierung de Maizière (nicht in Kraft gesetzt) Geschäftsverteilungsplan der Regierung de Maizière (nicht in Kraft gesetzt) (1990)German Federal Archives

Die Regierung de Maizière setzte sich aus dem Amt des Ministerpräsidenten und insgesamt 22 Fachministerien zusammen. Die Zuständigkeitsbereiche der Ministerien orientierten sich an den bundesdeutschen Ressorts, um die fachliche Zusammenarbeit zu erleichtern. Ein nicht in Kraft gesetzter Geschäftsverteilungsplan verdeutlicht die thematische Bandbreite der Ministerien.  

Erklärung des Ministerpräsidenten Lothar de Maizière anlässlich der Unterzeichnung des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der BRD und der DDR Erklärung des Ministerpräsidenten Lothar de Maizière anlässlich der Unterzeichnung des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der BRD und der DDR, 1990-05-18, From the collection of: German Federal Archives
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Die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion war der sogenannte 1. Staatsvertrag zwischen der BRD und der DDR, der am 18. Mai 1990 von beiden Seiten unterzeichnet wurde und am 1. Juli 1990 in Kraft trat. Auf dieser Grundlage wurde die D-Mark Zahlungsmittel in der DDR, was als Forderung in den Protesten der DDR-Bürger eine große Rolle gespielt hatte. Außerdem wurden die Soziale Marktwirtschaft und das Sozialversiche-rungssystem der BRD eingeführt.

Schreiben des Ministers für Wirtschaft Gerhard Pohl an Ministerpräsident Lothar de Maizière wegen eines Entwurfes zum Treuhandgesetz Schreiben des Ministers für Wirtschaft Gerhard Pohl an Ministerpräsident Lothar de Maizière wegen eines Entwurfes zum Treuhandgesetz (1990-06-07)German Federal Archives

Eine „Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums“ wurde bereits von der Regierung Hans Modrow gebildet. Mit dem Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz) vom 1. Juli 1990 wurde diese Einrichtung auf eine neue Grundlage gestellt. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, volkseigene Betriebe zu privatisieren oder abzuwickeln. Angesichts des weiteren Niederganges der DDR-Wirtschaft und des Arbeitsplatzabbaus kam es zu Demonstrationen gegen die Treuhand.

Mitglieder der IG Metall, Betriebsräte und Belegschaftsmitglieder der Maxhütte Unterwellenborn GmbH demonstrieren gegen die Treuhand (1990-12-19) by Franke, KlausGerman Federal Archives

Treuhand - das Spiel mit unseren Arbeitsplätzen

Umweltemissionen im Raum Chemnitz (1989-12-01) by Weisflog, RainerGerman Federal Archives

Neben den wirtschaftspolitischen Problemen musste die Regierung de Maizière auf die immense Umweltbelastung der vergangenen Jahrzehnte reagieren. Besonders der Braunkohlenbergbau, die Energiewirtschaft und die chemische Industrie hatten starke Umweltschäden zur Folge gehabt. Das umgebildete Umweltschutzministerium wurde zusätzlich für die Energiewirtschaft und für Reaktorsicherheit zuständig.

Dokumentation der Umweltsituation im Land Brandenburg (Auszug), 1990-09-26, From the collection of: German Federal Archives
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Erklärung des Ministerpräsidenten Lothar de Maizière anlässlich der Pressekonferenz "100 Tage Regierung" (Auszug) Erklärung des Ministerpräsidenten Lothar de Maizière anlässlich der Pressekonferenz "100 Tage Regierung" (Auszug) (1990-07-20)German Federal Archives

"Wir empfinden immer noch große Genugtuung darüber, daß die Freiheit die Diktatur beseitigt hat, ..."

Demonstration in Berlin für die Überprüfung von Abgeordneten, Staatsanwälten und Richtern auf eine etwaige Tätigkeit für das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit, Oberst, Klaus, 1990-03-29, From the collection of: German Federal Archives
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Als eine innenpolitische Herausforderung gestaltete sich der Umgang mit der Nachfolgebehörde des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit. Aufgabe des Ministers des Innern war es, das Amt für Nationale Sicherheit der DDR abzuwickeln. Zudem führten Enthüllungen aus Dokumenten der Stasi zu Misstrauen gegenüber den gewählten Abgeordneten der Volkskammer und Regierungsmitgliedern, weshalb bereits am 12. April 1990 ein Prüfungsausschuss eingesetzt wurde.

Schreiben des Ministers für Innere Angelegenheiten Peter-Michael Diestel an Ministerpräsident Lothar de Maizière wegen Überprüfung der Volkskammer-Abgeordneten auf frühere Tätigkeiten für das Ministerium für Staatssicherheit (1990-07-24)German Federal Archives

Außenministertreffen in Berlin im Rahmen der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen (1990-06-01) by Settnik, BerndGerman Federal Archives

Treffen der Außenminister im Rahmen der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen bei Ministerpräsident Lothar de Maizière, v.l.n.r.: Douglas Hurd (GB), Markus Meckel, Lothar de Maizière, James Baker (USA), Eduard Schewardnadse (UdSSR), Roland Dumas (F), Hans-Dietrich Genscher (BRD) (1990-06-22) by Settnik, BerndGerman Federal Archives

Zu den bedeutsamen Voraussetzungen der Wiedervereinigung gehörte auch die Klärung der außenpolitischen Fragen. Mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag (Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland) als Staatsvertrag zwischen der BRD, der DDR, Frankreich, Großbritannien, der Sowjetunion sowie den USA stimmten die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges der Wiedervereinigung zu. Als Außenminister der DDR nahm Markus Meckel an den Verhandlungsrunden teil. Am 12. September 1990 wurde der Vertrag in Moskau unterzeichnet.

Besprechung zum Einigungsvertrag mit Wolfgang Schäuble, Rudolf Seiters, Helmut Kohl, Lothar de Maizière und Grünther Krause (v.l.n.r.) im Gebäude des Reichstages in Berlin, Settnik, Bernd, 1990-05-28, From the collection of: German Federal Archives
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Fragen an die Ressorts zur Vorbereitung des Einigungsvertrages Fragen an die Ressorts zur Vorbereitung des Einigungsvertrages (1990-06-30)German Federal Archives

Parallel zu den außenpolitischen Bemühungen vereinbarten die beiden deutschen Staaten im Einigungsvertrag vom 31. August 1990 den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der BRD am 3. Oktober 1990. Verhandlungsführer für die BRD war Wolfgang Schäuble, für die DDR der Parlamentarische Staatssekretär im Amt des Ministerpräsidenten Günther Krause. Am 20. September 1990 wurde der Vertrag vom Bundestag und der Volkskammer angenommen.

Besetzung der Zentrale des früheren Ministeriums für Staatssicherheit in der Normannenstraße in Berlin durch Mitglieder des Neuen Forums, der Vereinigten Linken und der Umweltbibliothek (1990-09-04) by Lochmann, Hanns-PeterGerman Federal Archives

Der Umgang mit den Unterlagen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit wurde im Einigungsvertrag zunächst nur vorläufig geregelt. Ein von der Volkskammer verabschiedetes Gesetz vom 24. August 1990 blieb unberücksichtigt. Am 4. September 1990 besetzten Bürger die vormalige Stasi-Zentrale in Ost-Berlin. Schließlich übernahm am 3. Oktober 1990 Joachim Gauck das Amt des Sonderbeauftragten der Bundesregierung für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Mit dem am 29. Dezember 1991 in Kraft getretenen Stasi-Unterlagen-Gesetz wurde er zum Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU).

Vorschlag der Regierung zur Ernennung von Joachim Gauck als Sonderbauftragter der Bundesregierung für die Verwahrung der Akten und Dateien des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit (1990-09-25)German Federal Archives

Lothar de Maizière bei seiner letzten Rede als Ministerpräsident der DDR während eines Festaktes im Schauspielhaus Berlin (1990-10-02) by Uhlemann, ThomasGerman Federal Archives

Nach der letzten Tagung der Volkskammer der DDR am 2. Oktober 1990 begann im Schauspielhaus Berlin um 21 Uhr ein offizieller Festakt der DDR-Regierung anlässlich der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten, an dem auch Bundeskanzler Helmut Kohl teilnahm. Lothar de Maizière hielt dort seine letzte Rede als Ministerpräsident der DDR.

Rede des Ministerpräsidenten Lothar de Maizière zum Beitritt der DDR zur BRD (Auszug) Rede des Ministerpräsidenten Lothar de Maizière zum Beitritt der DDR zur BRD (Auszug) (1990-10-02)German Federal Archives

"Wir sind ein Volk - wir werden ein Staat."

Credits: Story

Erarbeitung der Galerie: Karsten Christian, Bundesarchiv

Quellen:
DA 1 - Volkskammer der DDR
DC 20 - Ministerrat der DDR
DK 5 - Ministerium für Umweltschutz und Wasserwirtschaft
Bild 183 - Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst - Zentralbild" und "Alltagsfotos"

Credits: All media
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