Die Geschichte der Familie von Anne Frank aus Frankfurt am Main

„Mit Vater bin ich jetzt damit beschäftigt, einen Stammbaum seiner Familie zu machen, und dabei erzählt er etwas von jedem.“ Tagebuch der Anne Frank, Eintrag vom 21. September 1942

Anne Frank an ihrem Schreibtisch, ca. 1941, Aus der Sammlung von: Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse
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Im September 1942, wenige Wochen nachdem die Familie Frank in Amsterdam untertauchte, beginnt Otto Frank gemeinsam mit seiner dreizehnjährigen Tochter Anne einen Stammbaum seiner Familie zu machen. Begleitet von den Erzählungen ihrer Eltern, taucht Anne in den darauffolgenden Monaten in die Lebenswelt ihrer Vorfahren ein. Im Mai 1944 erinnert sie sich daran in ihrem Tagebuch.
„Liebe Kitty! Habe ich dir eigentlich schon mal was von unserer Familie erzählt? Ich glaube nicht, und deshalb werde ich sofort damit anfangen.“ Montag, 8. Mai 1944, Tagebuch der Anne Frank

Familienbild der Familie Frank (um 1928)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Inmitten ihres engen Verstecks, stellte sich Anne vor, welches Leben ihre Vorfahren einst in Frankfurt geführt hatten. Sie schreibt in ihrem Tagebuch: „Vater wurde in Frankfurt geboren, als Sohn steinreicher Eltern. Michael Frank hatte eine Bank und war Millionär geworden, und Alice Stern, Vaters Mutter, war von sehr vornehmen und reichen Eltern. (…) Vater führte in seiner Jugend ein richtiges Reicher-Eltern-Sohn-Leben, jede Woche Partys, Bälle, Feste, schöne Mädchen, Tanzen, Diners, viele Zimmer und so weiter. All das Geld ging nach Opas Tod verloren, nach dem Weltkrieg und der Inflation war nichts mehr davon übrig.“
Tagebuch der Anne Frank, Eintrag vom 8. Mai 1944

Porträt Süßkind Stern (1671)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Zwischen Tradition und Aufbruch in die Moderne

Als Anne Frank am 12. Juni 1929 geboren wurde, lag das Leben im Ghetto der Frankfurter Judengasse, in dem ihre Vorfahren lebten, bereits 130 Jahre zurück. Das Portrait von Süßkind zum Stern aus dem Jahre 1671 zeigt einen dieser Vorfahren von Anne Frank und ist zugleich das älteste Portrait eines Frankfurter Juden. Süßkind zum Stern, ein Perlenhändler und Geldwechsler, war ein hochangesehenes Mitglied der Frankfurter jüdischen Gemeinde. Sein Sohn Mendle war als Mohel für die rituelle Beschneidung der männlichen Säuglinge zuständig. Das ehrenvolle Amt des Mohels wird vom Vater an den Sohn weitergegeben und bis 1838 von seinem Nachfahren Abraham Süßkind Stern ausgeübt.

Moritz Stern, um 1870, Aus der Sammlung von: Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse
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Moritz Stern, Professor für Mathematik in Göttingen und Mitglied des jüdischen Reformvereins in Frankfurt a. M. Moritz Stern wurde am 29. Juni 1807 als Sohn von Abraham Süßkind Stern geboren. Dem Wunsch seiner Mutter folgend, schriebt er sich 1826 an der Universität Heidelberg ein, um sich auf den Beruf des Rabbiners vorzubereiten, brach jedoch wenig später mit der Tradition seiner Familie und wies das Ehrenamt des Mohels zurück. Moritz Stern wendete sich der Mathematik zu und wurde 1859 Professor, als erster Jude Deutschlands. Er war ein vehementer Verfechter der jüdischen Aufklärung und Emanzipation.

Alfred Stern (um 1930)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Gelesen aus Alfred Stern, Zur Familiengeschichte, Klärchen zum 22. März 1906 gewidmet, Zürich 1906.
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Alfred Stern (1846-1936) war Historiker und Familienchronist. Fasziniert von Alltag und Traditionspflege seiner Vorfahren schrieb Alfred Stern die Geschichte seiner Familie nieder. Das Mohel-Buch, das in seiner Familie über Generationen hinweg geführt wurde, dient ihm dabei als eine wichtige Quelle.

Chanukka-Lampe mit Löwen-Figuren (20. Jahrhundert)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Diese Chanukka-Lampe stammt aus dem Besitz der Familie Stern und wurde bis vor Kurzem verwendet, um das achttägige Lichterfest Hanukkah zu feiern. Die Hanukkah-Lampe ist einer der ältesten religiösen Gegenstände aus dem Besitz der Familie Stern. Der Löwe zählte bei den Frankfurter Silberschmieden zu den beliebtesten Figuren für die Dekoration von Objekten aller Art; auch zeremonielle Gegenstände wurden damit geschmückt.

An Hanukkah, dem achttägigen Lichterfest, das im November oder Dezember gefeiert wird, wird jeden Tag ein Licht entzündet bis alle acht brennen.

Portrait der zweijährigen Alice Stern (1860er Jahre)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Annes Großmutter Alice war ebenfalls eine geborene Stern. Geboren wurde sie 1865 als einzige Tochter von August Heinrich Stern und Cornelia Cahn und verlebte ihre Kindheit und Jugend im Kaiserreich. Wie ihr Großcousin Alfred Stern entschloss auch sie sich, ihre Lebenserinnerung als Andenken für ihre Kinder niederzuschreiben.

Vergoldete Löffel mit Monogramm von Cornelia und August Heinrich Stern. (1860er Jahre)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Der Vater von Alice, August Heinrich Stern (1838-1878), war zunächst als Gewürz- und später als Silberwarenhändler tätig. Seine Geschäfte befanden sich auf der Zeil und am Rossmarkt in Frankfurt a.M.

Fototasse: Alice Stern (1874)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Tasse aus Porzellan mit einer Fotografie von Alice Stern als Neunjährige.

Freundeskreis Alice und Michael Frank (1880er Jahre)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Brief von Alice Frank (geborene Stern) an ihre Kinder vom 20. Dezember 1935.
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Alice und Michael Frank (Mitte) und ihr Frankfurter Freundeskreis: Bernhard Firnberg (links), Réno Uzzielli (oben), Georg Samuel (Mitte rechts) und Emma Steger (unten rechts), spätere Collage von Fotografien der 1880er Jahre.

Menükarte: Hochzeit Alice und Michael Frank (3. Januar 1886)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Die Hochzeit von Annes Großeltern

Am 3. Januar 1886 heiratete Alice Stern den Bankkaufmann Michael Frank. Die Liebeshochzeit widersetzet sich vielen Traditionen. Alice heiratete nicht in eine andere gutbürgerliche jüdische Familie aus Frankfurt ein. Stattdessen entschied sie sich selbstbewusst für einen Mann, der erst 6 Jahre zuvor von Landau in der Pfalz nach Frankfurt gezogen war. Mit ihrem Hochzeitsmenü hielt sie sich auch nicht an die Traditionen der jüdischen Küche.

Michael Frank (zweiter von links) und Kollegen an der Börse (um 1900)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Die Reichsgründung 1871 hatte es Michael Frank und seinen Brüdern ermöglicht, Landau in der Pfalz zu verlassen und in wirtschaftlich besser gestellte Regionen zu ziehen. 1872 eröffnete Michaels Bruder Jacob ein gleichnamiges Bankgeschäft in Frankfurt und der andere Bruder Léon gründet mit seinem Geschäftspartner Willy Wolfsohn die Bank Frank, Wolfsohn & Co in Paris. Michael zog 1879 nach Frankfurt a.M. und wurde Wertpapierhändler an der Börse. 1901 eröffnete er die Privatbank Michael Frank mit Sitz in der Frankfurter Hochstraße.

Wohnhauses der Familie Frank, um 1910, Aus der Sammlung von: Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse
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Dank erfolgreicher Investitionen, wie etwa in die Produktion der Hustenpastillen Fay’s Sodener Mineral Pastillen, wurde Michael Frank Millionär. 1901 kaufte er ein Anwesen im Frankfurter Westend, einem Wohnviertel für das wohlhabende Bürgertum.

Familienfoto (1901)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Die Brüder Michael und Léon Frank mit ihren Familien und Verwandten im Garten der neu errichteten Villa in der Jordanstraße im Jahr 1901. Die Fotografie zeigt unter anderem die vier Kinder von Alice und Michael: Helene, Robert, Otto und Herbert. Hintere Reihe: Michael (1.), Alice (4.), Nanette (5.), Léon (8.). Mittlere Reihe: Helene (1.). Vordere Reihe: Robert (1.), Otto (2.), Herbert (3.).

Familienausflug (1898)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Zwischen Michael Frank und seinem in Paris lebenden Bruder Léon bestand enger Kontakt. Die Familie machte gemeinsame Urlaube im Schwarzwald und in den Bayerischen Alpen. Léon und seine Frau Nanette Frank hatten drei Söhne: Oscar, George und Jean-Michel. Die Fotografie zeigt Nanette (1. hintere Reihe links), daneben George und Michaels Tochter Helene. In der vorderen Reihe (von links nach rechts) stehen Jean-Michel, Herbert, Oscar, Alice und Michael.

Jeu de Loto comique (um 1850)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Die Familie Frank pflegte einen liebevollen und liberalen Umgang mit ihren Kindern. Alice und Michael legten großen Wert auf Bildung und spielten mit ihren Kindern viele Gesellschaftsspiele wie das hier zu sehende Jeu de Loto comique.
„Ihr […] habt eine sonnige und frohe Kindheit gehabt. Alles, was in unserer Kraft stand, geschah, um Euch das Leben und die Jugend schön und freudig zu gestalten.“ Brief von Alice Frank an ihre Kinder, 1935.

Einladungskarte zur Fastnacht (um 1890) von Alice FrankJüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Einladungskarte zur Fastnacht, 1890er Jahre.
„An Fastnacht soll es lustig sein, /Drum laden ihre Freunde ein/Herr Michael Frank und seine Frau/ Zu grossem lustigen Radau,/ Und weil am heitersten stets Kinder/ Wie Babies, Schulbub‘ und nicht minder/ Die Backfischchen in grosser Zahl,/ So bitten wir nach eigner Wahl/ Als Kinder zu erscheinen,/ Samstag, den 19ten sich zu vereinen./ Wir hoffen auf Zusag‘ von Ost und West/ Zu unserm lustigen Kinderfest.“

Kinder beim Fasching, 1. März 1892, Aus der Sammlung von: Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse
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Robert und Otto Frank beim Faschingsfest am 1. März 1892.

Otto Frank mit Cello, um 1901, Aus der Sammlung von: Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse
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Einer der Söhne von Alice und Michael, Otto Frank, entwickelte eine Vorliebe für den Frankfurter Dichter Friedrich Stolze, der für seine scharfzüngigen Gedichte über die preußische Regierung bekannt ist. Am Lessing-Gymnasium lernte Otto Latein, Griechisch und Französisch; daneben erhielt er privaten Cello- und Reitunterricht. Die jüdische Tradition spielte für seine Familie keine zentrale Rolle mehr: Otto besuchte zwar den jüdischen Religionsunterricht, feierte aber keine Bar-Mitzwa (hebräischer Ausdruck für den Beginn der Religionsmündigkeit eines dreizehnjährigen Jungen nach dem ersten Lesen aus Tora).

Michael Frank (um 1900)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Eine kaisertreue Familie

Mit der Gründung des Deutschen Kaiserreichs 1871 verbesserte sich die Situation von Juden in Deutschland erheblich. Gab es zuvor noch lokale Unterschiede in der rechtlichen Gleichstellung, waren nun alle ungeachtet ihrer Religionszugehörigkeit deutsche Staatsbürger. Wirtschaftlicher Wohlstand und neugewonnene Freiheiten begeisterten viele für das Deutsche Kaiserreich. Auch die Familie Frank war kaisertreu und brachte dies mit gezielten Spenden zum Ausdruck. 1907 unterstützte Michael Frank mit einer Spende die Errichtung eines Erholungsheims für Offiziere in Falkenstein im Taunus. Als Dank erhielt er eine Büste des Kaisers.

Helene Frank und Kaiser Wilhelm II. (15. Juni 1907)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Am 15. Juni 1907 besichtigte Kaiser Wilhelm II. die Baustelle des Offiziersheim Taunus in Falkenstein. Unter den festlich gekleideten Mädchen befand sich auch Helene Frank.

Blick in die Büros des Bankhauses Michael Frank (um 1914)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Michael Frank starb 1909 unerwartet im Alter von 59 Jahren. Nach seinem Tod wurde das Bankhaus Michael Frank zunächst von seiner Frau Alice, seinem Neffen Arnold Frank und dem langjährigen Prokuristen Felix Uhry weitergeführt. Die durch Kriegsanleihen und Staatsverschuldung bedingte Inflation erschwerte ab 1914 die Geschäfte der Privatbank.

Otto und Robert Frank mit ihren Cousins (um 1907)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Otto und Robert Frank (hinten Mitte) mit ihren Cousins Oscar (hinten links) und George (hinten rechts), Helene Frank (Mitte links) und Jean-Michael (vorne). Am 3. August 1914 erklärte Deutschland Frankreich den Krieg. Bis auf Jean-Michel, der noch minderjährig war, zogen alle Söhne der Familie Frank als Soldaten in den Krieg. Während Otto und seine Brüder für Deutschland kämpften, standen ihre Cousins aus Paris ihnen nun als Soldaten der französischen Armee gegenüber.

Otto und Robert Frank als Soldaten im Ersten Weltkrieg, 1915, Aus der Sammlung von: Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse
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Otto Frank wurde einem Artillerieregiment zugeteilt und später zum Offizier befördert. Sein Bruder Robert kam zum berittenen Regiment, sein Bruder Herbert zog mit seinem Bataillon an die Westfront.

Oscar Frank mit seinem Vater und seinen Brüdern, Paris 1914., 1914, Aus der Sammlung von: Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse
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Nachdem die beiden Cousins von Otto Frank, Oscar und George, 1915 an der Front gefallen waren, beging ihr Vater Léon Frank Selbstmord. Ihre Mutter Nanette wurde depressiv und in eine Nervenheilanstalt eingewiesen.

Zeichnung mit Brief von Robert Frank (28. August 1917) von Robert FrankJüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Zeichnung von Robert Frank „Durchschnitt durch meine Bude unter der Kirchhofmauer“.
Die Brüder Otto, Robert und Herbert hielten während des Krieges engen Briefkontakt. Vor allem um Herbert, dessen Bataillon im Westen kämpfte, machte sich die Familie große Sorgen. In einem Brief vom 28. August 1917 an seine Mutter Alice freute sich Robert über die „schöne Überraschung, daß Herbert jetzt zu Hause bleiben kann.“ Sein Brief enthält eine surrealistische Zeichnung seiner „Bude unter der Kirchhofmauer“. Unter der Erde und umgeben von Skeletten zeigt die Zeichnung, in welchem Maße die Bedrohung durch den Krieg den Soldaten bedrückte und bis in den Schlaf verfolgte.

Zeichnung mit Brief von Robert Frank (28. August 1917)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

„Liebe Mutter! Das ist aber eine schöne / Überraschung, daß Herbert jetzt zu Hause / bleiben kann. Ich hatte gerade einliegen- / den Brief an ihn eingeworfen, als die / Nachricht kam und holte ihn gleich zurück, / um ihn Herbert auf diesem Wege zu senden. / Hoffentlich geht es Oma bald besser. / [Bitz] werde ich gratulieren. Ob man ihr / auch zur „Freilassung“ von Max gratulieren / kann, weiß ich nicht. Neues gibt es / nichts mitzuteilen, darum für heute / nur in Eile Gruß und Kuss / Euer Robert“

Alice Frank als Krankenschwester im Ersten Weltkrieg (Dritte Reihe, Fünfte von links) (um 1915)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Die Mutter von Otto, Robert und Herbert, Alice, meldete sich während des Kriegs freiwillig, um als Krankenschwester bei der Versorgung verwundeter Soldaten zu helfen. Sie war Mitglied im Vaterländischen Frauenverein des Roten Kreuzes und arbeitete im Privatlazarett „Kyffhäuser Hotel“. Auch ihre Tochter Helene arbeitete ehrenamtlich als Lazaretthelferin und Röntgenassistentin in der Klinik Friedrichsheim im Stadtteil Niederrad. Für ihren Einsatz wurdem Alice und Helene mit der Denkmünze für freiwillige Krankenpflege ausgezeichnet.

Familienbild der Familie Frank (um 1928)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Zwischen Aufschwung und Krise: Leben in der Weimarer Republik

Otto und Herbert Frank führten nach dem Ersten Weltkrieg das Bankhaus ihres Vaters weiter. Das kleine Bankgeschäft sicherte den Lebensunterhalt der nun wachsenden Familie: Helene heiratete Erich Elias, der in die Privatbank mit einstieg. Otto heiratete 1925 Edith Holländer, die Tochter eines wohlhabenden Aachener Metallgroßhändlers. Seiner Entscheidung für die Ehe lagen auch wirtschaftliche Überlegungen zugrunde. Die großzügige Mitgift, die Edith mit in die Ehe einbrachte, sicherte die Zukunft der Familie.

Otto Frank und seine Töchter, 1 January 1930, Aus der Sammlung von: Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse
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Otto Frank mit seinen Kindern Margot (links) und Anne (rechts) auf dem Schoß.
Ein Jahr nach der Heirat von Otto und Edith Frank wurde ihre erste Tochter Margot geboren. 1929 kam ihre Schwester Anne zur Welt.

Die Schwestern Anne und Margot Frank, Januar 1931, Aus der Sammlung von: Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse
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Anne Frank wird von ihrer Schwester Margot gewickelt.

Im Palmengarten Frankfurt, April 1929, Aus der Sammlung von: Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse
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Margot Frank (vorne Mitte) mit ihrer Tante Helene sowie ihren Cousins Stephan und Buddy im Palmengarten, Frankfurt a.M. April 1929. Helene und Erich Elias hatten zwei Söhne, Stephan und Buddy, mit denen Margot und Anne viel Zeit verbringen.

Holzspielzeug (um 1930)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Holzspielzeug aus dem Haushalt der Familie Frank-Elias, 1930er Jahre

Kindheit in Frankfurt, 1932, Aus der Sammlung von: Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse
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Margot Frank, ihre Schwester, Anne und ihre Freundin Grace spielen mit einer Gießkanne, Frankfurt a.M. 1932. Margot und Anne Frank verlebten in Frankfurt a. M. eine unbeschwerte Kindheit.

Margot Frank, 6. April 1932, Aus der Sammlung von: Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse
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Margot Frank mit Schultüte am 6. April 1932. Margot wurde 1932 an der Frankfurter Ludwig-Richter-Schule eingeschult. Freies Lernen stand hier im Mittelpunkt. Der Direktor Walter Hüsken, Mitbegründer der Radikaldemokratischen Partei, wurde im April 1933 als einer der ersten Lehrer von den Nationalsozialisten entlassen.

Opekta Werbeplakat, 1933, Aus der Sammlung von: Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse
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Aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage entschloss sich ein Teil der Familie noch während der Weimarer Republik zur Auswanderung. 1929 erhielt Erich Elias das Angebot, für das deutsche Unternehmen Opekta eine Filiale in Basel aufzubauen. Einige Zeit später folgen ihm Helene und die Kinder. Auch Annes Familie entschloss sich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten zur Auswanderung: Ihr Vater Otto eröffnete 1933 die Auslandsvertretung für Opekta in Amsterdam. Das holländische Plakat aus dem Jahr 1933 war eine der ersten Werbemaßnahmen, mit denen er auf sein Produkt aus Pektin aufmerksam machte, das für die Herstellung von Marmelade verwendet wird.

Erich und Helene Elias mit Oma Alice und ihren Kindern Stephan sowie Buddy am Basler Hauptbahnhof (um 1935)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Leben in Amsterdam und Basel

1933 waren alle Kinder von Alice und Michael Frank aus Frankfurt a. M. emigriert, Helene in die Schweiz, Otto nach Amsterdam, Robert nach London und Herbert nach Paris. Im September 1933 gab Alice das Haus der Familie auf und zog zu ihrer Tochter in die Schweiz. 1935, anlässlich ihres 70. Geburtstags, traf sich die Familie in der Schweiz wieder.

Kinderbrief von Margot Frank an ihre Oma Alice Frank, undatiert, Margot Frank, um 1932, Aus der Sammlung von: Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse
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"Liebe Omi, Wie geht es Dir? Hoffentlich gut. Ich wünsche Tante Leni gute Besserung."

Kinderbrief von Margot Frank an ihre Oma Alice Frank, undatiert, Margot Frank, um 1932, Aus der Sammlung von: Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse
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"Viele Grüße an Alle. Eure Margot."

Anne Frank und eine Freundin, um 1934, Aus der Sammlung von: Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse
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Sebstgemachtes Quartettspiel mit Zeichnungen von Familienmitgliedern von Buddy Elias (um 1934) von Buddy EliasJüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Der neunjährige Buddy Elias gestaltete in Basel ein Quartettspiel, das die Mitglieder seiner Familie zeigen und charakterisieren sollte. Für jedes Familienglied wählte er eine charakteristische Eigenschaft aus: Er selbst ist „manchmal eifersüchtig“, sein Bruder Stephan „aufbrausend“, die Cousine Margot „verträgt Küsse nicht“ und Anne ist „der Strolch“. Seine Sicht auf die Erwachsenen war etwas pragmatischer: Otto Frank sei ein „tüchtiger Geschäftsmann“, seinen Vater Erich zeichnete „große Sauberkeit“ aus und Oma Elias „kocht sehr gut“.

Anne Frank auf einer Spielkarte (um 1934) von Buddy EliasJüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Anne Frank, von ihrem Cousin als „Der Strolch“ beschrieben, begann am 12. Juni 1942, an ihrem 13. Geburtstag, Tagebuch zu schreiben. Sie träumte von einem Leben als Schriftstellerin und verfasste nicht nur Tagebuchaufzeichnungen, sondern auch Prosa und Gedichte.

Letztes Lebenszeichen: Karte von Otto Frank an seine Schwester Helene, genannt Leni, geschrieben vor dem Untertauchen (5. Juli 1942) von Familie Otto FrankJüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Am 5. Juli 1942 erhielt Margot Frank, die Schwester von Anne, einen Aufruf zum Arbeitseinsatz im Osten. Die Familie wusste, dass damit die Deportation ins Konzentrationslager gemeint war und sah sich gezwungen unterzutauchen. Früher als geplant versteckten sich Edith, Otto, Anne und Margot Frank im Hinterhaus der Amsterdamer Prinsengracht 263, dem Geschäftssitz der Firma Opekta. Das Versteck wurde zur Zuflucht für insgesamt acht Personen. Neben der Familie Frank tauchten hier noch die Eheleute van Pels mit ihrem Sohn Peter, sowie Fritz Pfeffer unter.

Letztes Lebenszeichen: Karte von Otto Frank an seine Schwester Helene, genannt Leni, geschrieben vor dem Untertauchen (5. Juli 1942) von Familie Otto FrankJüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Die Helfer: Portrait von Otto Frank (Mitte) umgeben von seinen Angestellten Johannes Kleimann (hinten links), Victor Kugler (hinten rechts), Miep Gies (vorne links) und Bep Voskuijl (vorne rechts), Oktober 1945. (Oktober 1945)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Die acht Untergetauchten erhielten Hilfe von Otto Franks Angestellten: Johannes Kleimann, Victor Kugler, Miep Gies und Bep Voskuijl. Ein Gemüsehändler, der Mitglied in einer Widerstandsgruppe war, versorgte sie mit Kartoffeln und anderen Lebensmitteln. Nach seiner Verhaftung war unklar, woher nun die Lebensmittel kommen sollen. Anne Frank schrieb am 24. Mai 1944: „Das heißt hungern. Aber alles ist nicht so schlimm, wie entdeckt zu werden.“

Das Tagebuch der Anne Frank; das Original ist im Anne Frank Haus in Amsterdam zu sehen, Anne Frank, 1942-1944, Aus der Sammlung von: Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse
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In ihrem Tagebuch dokumentierte Anne Frank über einen Zeitraum von fast zwei Jahren das Zusammen- und Überleben im Versteck. Die Berichte des Radiosenders BBC über den Vormarsch der Alliierten gaben ihr Hoffnung auf eine baldige Befreiung. Am 4. August 1944 wurde das Versteck von der Polizei entdeckt. Die Untergetauchten wurden verhaftet und anschließend deportiert. Anne und Margot Frank starben im Konzentrationslager Bergen-Belsen, ihre Mutter kam in Auschwitz ums Leben.

Telegramm von Otto Frank an seine Familie in Basel, 25. Mai 1945. (24. Mai 1945) von Otto FrankJüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Otto Frank schrieb unmittelbar nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz Briefe und Postkarten an seine Familie in Basel. Von seiner Odyssee zurück nach Amsterdam schickte er ein Telegramm aus Marseille, welches zunächst das Missverständnis auslöste, dass die gesamte Familie gerettet sei. War er in seinen ersten Briefen noch zuversichtlich, dass er seine Frau und seine Kinder wiedersehen würde, erfuhr er wenig später, dass seine Frau an Unterernährung gestorben war. Er klammerte sich an die Hoffnung, dass seine beiden Töchter noch am Leben waren.

Das Cover der niederländischen Erstausgabe des Tagebuchs der Anne Frank 1947. (1947)Jüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Nach seiner Rückkehr nach Amsterdam im Juni 1945 erfuhr Otto Frank, dass seine Töchter Anne und Margot im Konzentrationslager Bergen-Belsen gestorben waren. Miep Gies übergab ihm die Tagebuchaufzeichnungen von Anne, die sie für ihre Rückkehr aufbewahrt hatte. Otto Frank widmete sich in den kommenden Monaten ganz dem Tagebuch und brachte 1947 eine erste Ausgabe unter dem Titel „Het Achterhuis“ heraus.

Er ließ das Tagebuch bald ins Deutsche übertragen und sorgte dafür, dass es weltweit Beachtung fand. Im Jahr 1957 unterstützte er die Gründung des Anne Frank Hauses als Museum und Bildungseinrichtung. 1963 gründete er den Anne Frank Fonds in Basel und übertrug ihm die Urheberrechte an dem Tagebuch seiner Tochter. Nach dem Tod von Otto Frank wurde Annes Cousin Buddy Elias Präsident des Anne Frank Fonds und traf die Entscheidung, den Nachlass der Familie zurück nach Frankfurt, an das Jüdische Museum, zu geben.

Fotografie von Buddy und seiner Frau Gerti Elias (2013) von Barbara KlemmJüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Das Erbe der Familien Frank und Elias

Auf dem Dachboden seines Elternhauses in Basel entdeckten Buddy und Gerti Elias Tausende von Briefen und Fotografien, die einen einzigartigen Einblick in das Leben der Vorfahren und der Familie von Buddy Elias und Anne Frank geben. Diese Dokumente und die Alltagsgegenstände aus dem Familienbesitz befinden sich heute im Jüdischen Museum Frankfurt. Mit dieser Leihgabe bringt die Familie ihre Verbundenheit mit der Stadt Frankfurt zum Ausdruck, aus der sie einst flüchten musste. Das Foto von Barbara Klemm zeigt Buddy Elias mit seiner Frau Gerti im Wohnzimmer ihres Hauses in Basel. Über dem Sofa befindet sich das Gemälde „Opernplatz in Frankfurt“ von Jakob Nussbaum. Gemälde und Fotografien sind auch Bestandteil des Familie Frank Zentrums und werden ab Sommer 2019 im Jüdischen Museum Frankfurt ausgestellt.

Buddy Elias erinnert sich (2012) von Konzept/Interview: Ann-Kathrin Rahlwes, Ricarda Wawra Umsetzung: Anne Euler, Min-Kyung Ko, Sandra Krawinkel on behalf of the Anne Frank educational centre, Frankfurt am MainJüdisches Museum Frankfurt / Museum Judengasse

Buddy Elias erzählt von seiner Kindheit in Frankfurt a.M. und der Emigration der Familien Frank und Elias. Interview der Bildungsstätte Anne Frank, Frankfurt.

Mitwirkende: Geschichte

Ausstellung des Familie Frank Zentrums am Jüdischen Museum in Kooperation mit dem Anne Frank Fonds

Konzeption, Text- und Bild-Redaktion:
Ann-Kathrin Rahlwes, Historical Research Service

Konzeptionelle Mitarbeit:
Fritz Backhaus, Gottfried Kößler, Mirjam Wenzel

Redaktionelle Mitarbeit:
Anne-Marie Bernhard

Online-Redaktion:
Korbinian Böck

Übersetzung:
Joe O'Donnell

Audio Produktion:
Sprecherin: Alice von Lindenau
Sprecher: Linus Kraus
Sprachaufnahme und Mastering: FEINTON Audioproduktion

Video:
Konzeption und Interview: Ann-Kathrin Rahlwes, Ricarda Wawra
Umsetzung: Anne Euler, Min-Kyung Ko, Sandra Krawinkel
Rechte: Bildungsstätte Anne Frank, Frankfurt am Main

Die Ausstellung wurde erarbeitet mit freundlicher Genehmigung und Unterstützung des Anne Frank Fonds Basel.

Video:
Konzeption und Interview: Ann-Kathrin Rahlwes, Ricarda Wawra
Umsetzung: Anne Euler, Min-Kyung Ko, Sandra Krawinkel
Rechte: Bildungsstätte Anne Frank, Frankfurt am Main

Die Ausstellung wurde erarbeitet mit freundlicher Genehmigung und Unterstützung des Anne Frank Fonds Basel.

Quelle: Alle Medien
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