Joseph Heller und die Kunst des Sammelns

Ein Vermächtnis im Herzen Bambergs

Von "Staatsbibliothek Bamberg"

Staatsbibliothek Bamberg

Joseph Heller zwischen Original und Kopie (1848) von Lazarus Sichling nach einer Bleistiftzeichnung von Christian LehmannStaatsbibliothek Bamberg

Die Sammlung eines Bambergers

Fast die Hälfte des Graphikbestands der Staatsbibliothek Bamberg, der heute etwa 80.000 Blätter umfasst, geht auf das Vermächtnis des Bamberger Privatiers Joseph Heller (1798–1849) zurück. Bereits zu Lebzeiten unterhielt er enge Verbindungen zur damals noch Königlichen Bibliothek und setzte sie in seinem Testament als Erbin ein. Im Jahr 2017

startete die Bibliothek mit Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft ein Forschungsprojekt zur Sammlung Heller. Ziel war es,
an einem ausgewählten Konvolut die historische Ordnung digital nachzubilden. Als Projektergebnis können Interessierte anhand von frei nutzbaren Digitalisaten die Geschichte von 2.800 Graphikblättern sowie die von Heller selbst angelegte Sammlungsstruktur nachvollziehen.

Wir laden Sie herzlich dazu ein, auf unserer Website in Hellers Sammlung zu stöbern, verweilen und forschen!

Zusätzlich steht Ihnen der Katalog zur Ausstellung auch als interaktives E-Book zum Blättern und Herunterladen zur Verfügung.

Büste von Albrecht Dürer (1829) von Johann Wilhelm Wurzer (Modell), Georg Michael Keller (Guss)Staatsbibliothek Bamberg

Albrecht Dürer (1471–1528) stand im Mittelpunkt von Hellers Sammelinteresse. Die lebensgroße Porträtbüste im Lesesaal der Staatsbibliothek basiert auf Dürers bekanntem Selbstbildnis im Pelzrock. Die Büste entstand im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten zum 300. Todestag Albrecht Dürers im April 1828, in Bamberg auf Initiative des 1823 gegründeten Kunstvereins. Joseph Heller war Gründungsmitglied und zeitweise Vorstand des Kunstvereins. Als Dürer-Kenner war er maßgeblich an der Organisation der Bamberger Dürer-Feier beteiligt.

Nürnberger Fleischbrücke (ca. 1599)Staatsbibliothek Bamberg

Glasmalerei gehörte eigentlich nicht zu den Sammlungsschwerpunkten Joseph Hellers. Vereinzelte wissenschaftliche Arbeiten zu Glasmalern zeugen aber davon, dass sein breites Interesse an Kunst auch dieses Feld berührte. Hellers Auswahl besteht aus deutschen, vor allem Nürnberger, und Schweizer Kabinettscheiben. Die Glasmalereien werden heute in der Eingangshalle der Staatsbibliothek dauerhaft präsentiert.

Badeszene im Mai, aus einem Monatszyklus (nach 1530/1535) von Hirsvogel-WerkstattStaatsbibliothek Bamberg

Hellers Auswahl bietet einen Einblick in typische Erscheinungsformen dieser Kunstgattung: Wappen, biblische und mythologische Szenen, Porträts und Allegorien. Einzelbilder wie der Monat Mai verweisen auf ehemals umfangreichere Zyklen.

Gründtlicher abriß der Statt Bamberg (sogenannter Zweidlerplan) (1602) von Peter Zweidler (Zeichnung) und Dietrich Bang (Kupferstich)Staatsbibliothek Bamberg

Hellers großes Interesse an der Geschichte Bambergs dokumentiert der aus vier Bögen bestehende Kupferstich von Petrus Zweidler. Der Plan zeigt Bamberg um 1602 in Vogelschau und war die Grundlage vieler Bamberger Stadtansichten des 17. Jahrhunderts. Heute gilt er als wichtigste Quelle zum Bamberger Stadtbild vor den tiefgreifenden städtebaulichen Veränderungen der Barockzeit.

Nur wenige Exemplare des Zweidlerplans haben sich erhalten, darunter eines aus Hellers Sammlung. Als dieser 1819 den Nürnberger Sammler Hans Albrecht von Derschau bat, er möge ihm den Grundriß von Bamberg […] gegen baar, oder einen zu wünschenden Tausch […] überlassen, meinte er vermutlich den Zweidlerplan.

Joseph Hellers Geburtshaus (1898) von Andreas BlattnerStaatsbibliothek Bamberg

Eine Freundschaft, eine Reise, eine Sammlung

Joseph Heller (1798–1849) wurde als Sohn eines Kaufmanns in Bamberg geboren und verwaiste bereits früh. Als reicher Erbe entdeckte er schon in jungen Jahren seine Sammelleidenschaft. Noch nicht einmal volljährig, begann er wissbegierig Bücher zusammenzutragen und Druckgraphiken sowie Handzeichnungen zu erwerben. Als eifriger Nutzer der Königlichen Bibliothek lernte er deren Direktor Joachim Heinrich Jäck (1777–1847) kennen. Im Sommer und Herbst 1821 unternahmen sie  gemeinsam eine Reise, die sie durch kulturell bedeutende Städte in Deutschland, Italien und Österreich führte. Unterwegs knüpften sie die Kontakte, die den Aufbau einer derart facettenreichen Sammlung in Bamberg ermöglichten.

Porträt von Joseph Heller, Hans Kundmüller, um 1890, Aus der Sammlung von: Staatsbibliothek Bamberg
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Den Bamberger Kunstgelehrten Joseph Heller (1798–1849) und den Leiter der Königlichen Bibliothek, Joachim Heinrich Jäck (1777–1847), verband eine lebenslange Freundschaft.

Porträt von Joachim Heinrich Jäck, Hans Kundmüller, um 1890, Aus der Sammlung von: Staatsbibliothek Bamberg
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Joseph Hellers Geburtshaus (1898) von Andreas BlattnerStaatsbibliothek Bamberg

Der Künstler Andreas Blattner (1867–1933) hielt das Geburtshaus Hellers fest. Jedem Bamberger und Besucher der Stadt bekannt, steht es an der Unteren Brücke direkt an der Regnitz, gegenüber von Klein Venedig.

Hinter diesen Fenstern bewahrte Joseph Heller seine wachsende Sammlung auf.

Der ältere Herr im Gehrock, der den Hut zum Gruß gezogen hat, könnte der Sammler selbst sein.

Hellers Stammbuch (1812–1826 und 1843) von Joseph HellerStaatsbibliothek Bamberg

In seinem Stammbuch sammelte Heller, wie viele seiner Zeitgenossen, persönlich gestaltete Freundschaftsbekundungen.

Hellers Stammbuch (1812–1826 und 1843) von Joseph HellerStaatsbibliothek Bamberg

Die frühesten Einträge stammen aus Hellers Jugendzeit. Seit seinen Lehrjahren in Nürnberg knüpfte er Kontakte zu Künstlern und Verlegern, die sich im Stammbuch verewigten, darunter der Züricher Kupferstecher Johann Jacob Lips (1791–1833) oder der Bamberger Buchhändler Carl Friedrich Kunz (1785–1849).

Nicht selten beziehen sich die Texte und Bilder auf Hellers Kunstsinn. So schreibt ihm ein Nördlinger Freund am Neujahrstag 1826:
Dreimal beglückt ist der Sterbliche, welcher die Weisheit sich zur Führerin wählt, und zur Gefährtin die Kunst. Würde verleiht die eine dem Leben, Freude die andere, jene sichert den Schritt, diese verschönert den Pfad.

Brief des Kunsthändlers Joseph von Grünling an Joseph Heller (1821)Staatsbibliothek Bamberg

In zahlreichen Briefen tauschte sich Heller bereits 1821 über Belange aus, die Sammler und Händler verbanden. Der Wiener Kunsthändler Joseph Grünling (1785–1845) bat Heller am 17. Oktober 1821, für ihn einen Stempel in Holz schneiden zu lassen.

Stempelentwürfe auf Brief (1821)Staatsbibliothek Bamberg

Auf einem Brief skizzierte Heller mehrere Stempel-Entwürfe.

Stempel mit Joseph Hellers Bücherzeichen und Titelblatt seines Frühwerks zu Lucas Cranach d. Ä. (1821)Staatsbibliothek Bamberg

Während Heller die Bücher seiner Bibliothek mit seinem Bücherzeichen „Sibi et amicis“ (deutsch: Für sich und seine Freunde) markierte, hat er seine Graphiksammlung nur vereinzelt mit Stempeln gekennzeichnet, die seine Initialen oder seinen Namenszug tragen.

Brief-Konzeptbuch Joseph Hellers (1818-1821) von Joseph Heller und BambergStaatsbibliothek Bamberg

In den Jahren 1818 bis 1821 führte Heller ein Buch für seine umfangreiche Korrespondenz. Er entwarf Briefe, die sein Sekretär anschließend ins Reine schrieb und versandte. In seinen Briefen wandte Heller sich mit Anfragen und Aufträgen an Verleger, Kunstsammler und -händler. Zwischen 1816 und Hellers Tod im Jahr 1849 gingen unzählige Antworten bei ihm ein, die er sorgfältig archivierte.

Mit dem Innsbrucker Rentmeister und Sammler Augustin A. Pfaundler (1757–1822) nahm Heller im Frühjahr 1821 erstmals Kontakt auf. Im Sommer des Jahres besuchte er ihn sogar persönlich. Die beiden Sammler verband ihr ausgeprägtes Interesse für die Person Dürers und seine Kunst.

Traumgesicht nach Dürer (1821) von Augustin A. PfaundlerStaatsbibliothek Bamberg

Mehrere Monate vor einer Reise durch Deutschland, Österreich und Italien meldete sich Heller bei Pfaundler. Postalisch bat er ihn um einen Nachstich, wenn möglich gar um den Verkauf des als Traumgesicht bekannten Aquarells von Dürer, das Pfaundler in seiner Privatsammlung hütete.

Zwar verkaufte der Innsbrucker das Blatt nicht, aber er fertigte eine Kopie an, schickte sie nach Bamberg und ...

Brief von Pfaundler an Heller (17.4.1821)Staatsbibliothek Bamberg

... kommentierte sie im zugehörigen Brief vom 17. April 1821: Ich gab mir Mühe, selbe dem Original im Kolorite ganz gleich zu […] fertigen, doch nicht in der gleichen Größe mit dem Original.

Bildnis des Ulrich Varnbüler (1522) von Albrecht DürerStaatsbibliothek Bamberg

Dieser Holzschnitt Dürers zeigt den Schweizer Juristen Ulrich Varnbüler (1474–1544). Der Künstler übertrug eine Kreidezeichnung, die er 1522 angefertigt hatte, auf den Holzstock.

Eine Inschrift macht auf Dürer als Freund und Zeichner Varnbülers aufmerksam.

Bereits 1827 erwähnte Heller in seiner Dürer-Monographie, dass der Druckstock in den Besitz des niederländischen Künstlers Hendrik Hondius (1573–1650) gelangte, der ab 1620 Clair-obscur-Abzüge fertigte. Dabei werden Flächentöne mit mehreren Druckformen gedruckt.
Heller notierte für die Ankunft des Mehrplattendrucks in Bamberg d. 2. Jan. 1822. Den Sonderdruck konnte er zusätzlich zum „normalen“ Abzug erwerben.

Druckplatte für die Medaille mit dem Bildnis der Agnes Dürer (spätestens 1764) von Sebastian LeitnerStaatsbibliothek Bamberg

Für Georg Andreas Wills (1727–1798) Buch Der Nürnbergischen Münz-Belustigungen. Erster Theil aus dem Jahr 1764 fertigte der Kupferstecher Sebastian Leitner (1709–1795) zahlreiche Druckplatten, um die erwähnten Medaillen illustrieren zu können.

Der Nürnbergischen Münz-Belustigungen. Erster Theil (1764) von Georg Andreas WillStaatsbibliothek Bamberg

Der Idealtypus einer weiblichen Büste geht auf eine 1508 von Dürer angefertigte Vorstudie zum Gemälde Tod der Lucretia zurück (vgl. Wien, Albertina, Inv.-Nr. 17533).

Die Dargestellte identifizierte man traditionell als Agnes Dürer (1475–1539), die Ehefrau des Künstlers.

Medaille mit dem Bildnis der Agnes Dürer von Dürer-NachahmerStaatsbibliothek Bamberg

Heller strebte danach, in seiner Dürer-Publikation den Künstler und dessen Rezeption umfassend zu beleuchten. So erwarb er ein bleiernes Exemplar der Medaille, Wills frühes numismatisches Werk und sogar die von Leitner bearbeitete Platte.

Menschen-Spiegel (Bamberger Abschrift) (1821/27) von Heinrich Sebastian HüsgenStaatsbibliothek Bamberg

Der Frankfurter Kunstschriftsteller Heinrich Sebastian Hüsgen (1745–1807) arbeitete 1798 an einer verbesserten Auflage seines bereits 20 Jahre zuvor erschienenen Verzeichnisses der Dürer‘schen Kupfer- und Eisenstiche. Als neue Komponente ergänzte er beispielsweise erzählerisch die Werktitel.

Die Hexe (ca. 1500) von Albrecht DürerStaatsbibliothek Bamberg

So ist Dürers um 1500 entstandener Kupferstich, der eine nackte Alte rittlings auf einem Bock reitend zeigt ...

Menschen-Spiegel (Bamberger Abschrift) (1821/27) von Heinrich Sebastian HüsgenStaatsbibliothek Bamberg

...als Agnes Dürern oder Die Hexe aufgeführt.

Im Jahr 1821 lieh sich Heller das nie veröffentlichte Originalmanuskript zur Abschrift von dem Frankfurter Juristen Johann Friedrich Heinrich Schlosser (1780–1851). Dieser hatte es aus Hüsgens Nachlass erwerben können und unterstützte durch die Ausleihe Hellers Dürerforschung.

Nürnberg: Schöner Brunnen, Hauptmarkt Nürnberg, FrauenkircheStaatsbibliothek Bamberg

Auf einer gemeinsamen Reise, die der Bibliotheksleiter Joachim Heinrich Jäck (1777–1847) und Heller im Juni 1821 antraten, besuchten sie über mehrere Monate kulturell bedeutende Städte in Deutschland, ...

Innsbruck von Seite der Schiehstadt von G. SchedlerStaatsbibliothek Bamberg

... Österreich ...

Venedig in der VogelschauStaatsbibliothek Bamberg

... und Italien.

Die St. Stephans Kirche zu WienStaatsbibliothek Bamberg

Oftmals gaben Ihnen die besichtigten Sehenswürdigkeiten Anlass für Publikationen – so das Grabdenkmal des Konrad Celtis (1459–1508) am Wiener Stephansdom.

Grabmal des Conrad Celtis (22. August 1821) von Georg Christoph WilderStaatsbibliothek Bamberg

Der schlechte Zustand bestürzte Heller derart, dass er seinem Wunsch nach Erhaltung des Grabmals in einem Aufsatz Ausdruck verlieh.

Zur Dokumentation beauftragte Jäck den Künstler Georg Christoph Wilder (1797–1855) mit einer Bleistiftzeichnung.

Grabdenkmal für Conrad Celtis (1821/1822) von Georg Christoph WilderStaatsbibliothek Bamberg

Heller wollte der schriftlichen Würdigung von Celtis‘ Lebensleistung und der vehementen Aufforderung, das Grabdenkmal zu erhalten, eine Illustration beigeben. Er gab daher eine Kupferplatte in Auftrag, die er auch bezahlte.

Christus am Ölberg (1515) von Albrecht DürerStaatsbibliothek Bamberg

Im September 1821 weilten die beiden Reisenden in Innsbruck. Bereits Monate zuvor hatte sich Heller brieflich nach Dürers Platte Christus am Ölberg erkundigt. Er erfuhr, dass der Innsbrucker Künstler Johann Georg Schedler (1777–1866) Abzüge fertigte, die er gewinnbringend verkaufte.

Dürer hatte das Motiv 1515 als Eisenradierung umgesetzt – eine Technik, die insgesamt nur sechs Mal im Gesamtwerk des Künstlers nachzuweisen ist.

Abzug Dürers Christus am Ölberg (Alternative), Albrecht Dürer, 1515, Aus der Sammlung von: Staatsbibliothek Bamberg
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Heller konnte die Platte während der Reise erwerben.

Abzug Dürers Christus am Ölberg (Alternative), Albrecht Dürer, 1515, Aus der Sammlung von: Staatsbibliothek Bamberg
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Dass auch er Abzüge davon herstellen ließ, belegen die 138 Exemplare, die nach seinem Tod gemeinsam mit der Platte in den Bestand der Staatsbibliothek Bamberg übergingen.

Abzug Dürers Christus am Ölberg (Alternative), Albrecht Dürer, 1515, Aus der Sammlung von: Staatsbibliothek Bamberg
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Sie waren wohl für den Tausch mit anderen Sammlern gedacht.

Der kleine Kalvarienberg Der kleine Kalvarienberg (ca. 1503/04) von Albrecht DürerStaatsbibliothek Bamberg

In seiner Kreuzigungsdarstellung von 1503/4 vereint Dürer zahlreiche Handlungsstränge.

Auf der Mittelachse ist der gekreuzigte Christus platziert.

Maria Magdalena umklammert trauernd den Kreuzesstamm.

Zur Rechten des Heilands steht ein Soldat mit Keule auf einer Leiter, um dem Schächer die Beine zu brechen.

Der Bewaffnete spricht mit Longinus, der auf einem Pferd und die Lanze bereithält, mit der Christus die Seitenwunde zugeefügt wird.

Im Vordergrund wird um den Rock des Gekreuzigten gewürfelt, während Johannes und die trauernden Frauen die ohnmächtige Maria halten.

Der kleine Kalvarienberg Der kleine Kalvarienberg (ca. 1503/04) von Albrecht DürerStaatsbibliothek Bamberg

Der rückseitige Bleistiftvermerk Venedig 21/9 21 belegt, dass Heller den Holzschnitt in der italienischen Lagunenstadt erwarb. Während der gemeinsamen Reise mit Jäck notierte Heller Ankaufsort und -datum häufig auf den Graphikblättern.

Stempel mit Joseph Hellers Bücherzeichen und Titelblatt seines Frühwerks zu Lucas Cranach d. Ä. (1821)Staatsbibliothek Bamberg

Ein Vermächtnis im Herzen Bambergs

Außergewöhnlich an der Sammlung von Joseph Heller sind die Mitwirkung des Bibliotheksdirektors Joachim Heinrich Jäck bei ihrer Genese sowie die frühzeitige Einsetzung der Königlichen Bibliothek als Erbin. Die jahrelangen Bemühungen der Bibliothek, das vielfältige Vermächtnis Hellers zusammenzuhalten, belegen die Würdigung seiner Sammlung. Zum Zeitpunkt der Nachlassübernahme im August 1851 war Jäck, zeitlebens Hellers Freund und Mentor, bereits verstorben. Die nachfolgenden Bibliotheksdirektoren, Michael Stenglein (1810–1879) und Friedrich Leitschuh (1837–1898), pflegten die Heller’sche Sammlungsordnung. Sie überführten die Systematik in die ihres Hauses. Auch zukünftig sieht es die Staatsbibliothek Bamberg als ihre Aufgabe an, den Graphikbestand wissenschaftlich zu erschließen und nach zeitgemäßen Standards zugänglich zu machen.

Testament Testament (14. Juni 1821) von Joseph HellerStaatsbibliothek Bamberg

Als Heller am 4. Juni 1849 im Alter von nur 50 Jahren starb, war sein vollständiges Vermögen in seiner Sammlung aufgegangen.

Testament Testament (14. Juni 1821) von Joseph HellerStaatsbibliothek Bamberg

In seinem Testament hatte er die Königliche Bibliothek als Erbin seiner Kunst- und Büchersammlung eingesetzt, um diese für den öffentlichen Gebrauch zu erhalten.

Zum Zeitpunkt seines Todes war Heller jedoch stark verschuldet. Jäcks Nachfolger, Bibliotheksdirektor Michael Stenglein (1810–1879), verkaufte daher 28 Antiphonarien aus dem Bibliotheksbestand. Mit dem Erlös von 2300 Gulden wurden die Gläubiger ausgezahlt, die nach Veräußerung von Hellers Hab und Gut noch Ansprüche geltend machten.

Schedel’sche Weltchronik (1493) von Hartmann SchedelStaatsbibliothek Bamberg

Nur durch diese ungewöhnliche Maßnahme konnte der einzigartige Nachlass zusammengehalten werden. So gingen berühmte Stücke, wie die Schedel’sche Weltchronik von 1493, in den Bibliotheksbestand über.

Der ungläubige Thomas (ca. 1510) von Albrecht DürerStaatsbibliothek Bamberg

Um 1510 entwarf Dürer den Holzschnitt Der ungläubige Thomas als Teil seiner erstmals 1511 publizierten Kleinen Passion.

Die zwölf Apostel sind um den erschienenen Christus versammelt.

Da Thomas die Auferstehung des Herrn nicht glauben kann, nimmt Christus seine Hand und lässt ihn in die Seitenwunde fassen.

Der ungläubige Thomas - Fünf gleichseitige Kopien (zweite Hälfte 16. bis 17. Jh.) von Albrecht DürerStaatsbibliothek Bamberg

Die rege Rezeption des Holzschnitts ist als Ausdruck künstlerischer Wertschätzung zu sehen. Heller ordnete den Originalen seiner Sammlung Kopien bei.

Von dem Motiv Der ungläubige Thomas konnte er fünf Kopien erwerben, doch weitaus mehr waren ihm bekannt.

Das Leben und die Werke Albrecht Dürer's (1827) von Joseph HellerStaatsbibliothek Bamberg

Zwischen 1827 und 1831 veröffentlichte Heller den zweiten Band seiner ursprünglich auf drei Bände angelegten Publikation über Dürer.

Alle erwähnten Kunstwerke von und nach Dürer versah er mit einer Nummer und Beschreibung. Ein gedrucktes Sternchen neben der Nummer gibt an, dass er bereits zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung im Besitz von mindestens einem Abzug des Werks war.

Das Fehlen des Sternchens bei der heute sogenannten Heller-Nummer 1582 offenbart, dass der Sammler das Blatt 1827 noch nicht besaß.

Passional (1572) von Caspar FranckStaatsbibliothek Bamberg

Später konnte Heller den Holzschnitt jedoch sowohl in seine Kopien nach Dürer einreihen als auch das Passional, für das der Holzschnitt bestimmt war, in seine Handbibliothek.

Studienblatt mit stehendem Schmerzensmann und Gewand (spätestens 1509) von Albrecht DürerStaatsbibliothek Bamberg

Heller würdigt diese Federzeichnung Dürers in seiner Publikation aus dem Jahr 1827 als mit vieler Einsicht und großem Geist behandelt.

Der Nürnberger Meister skizzierte den dornenbekrönten Schmerzensmann mit vor dem Körper gekreuzten Armen. Seine Wunden weisen auf das Passionsgeschehen.

Die darüber stehende Gewandstudie steht nicht im Zusammenhang mit der Figur.

Der Schmerzensmann an der Säule (1509) von Albrecht DürerStaatsbibliothek Bamberg

Der gezeichnete Christus gilt als Vorarbeit Dürers für den Schmerzensmann an der Säule, der gemeinhin als Titelblatt der über Jahre entstandenen Kupferstich-Passion angesehen wird.

Im Rundbogen, der einen Blick auf die drei Kreuze auf den Hügel Golgatha zulässt, sind die Jahreszahl 1509 sowie das Dürer-Monogramm eingefügt.

Entwurf zu einem Siegesdenkmal (ca. 1525) von Albrecht DürerStaatsbibliothek Bamberg

Um 1525 entwarf Dürer ein Siegesdenkmal. Die einzelnen Bestandteile der Säule, die auf einem mehrstufigen Sockel und Pulverfässern steht, erklärte er in Beschriftungen.

Der Schaft der Säule ist verziert...

...und ritterliche Helme und Federbüsche bekrönen die Säule.

Monogramm und Datierung sind spätere Ergänzungen von fremder Hand.

Vnderweysung der Messung mit dem Zirckel vnd Richtscheyt (1538) von Albrecht DürerStaatsbibliothek Bamberg

Bei der Zeichnung handelt es sich um die Studie Dürers zur Denkmalsäule, die im dritten Buch seines erstmals 1525 publizierten geometrischen Hauptwerks Vnderweysung der Messung mit dem Zirckel und Richtscheyt abgedruckt ist.

Heller konnte sowohl ein Exemplar der Erstausgabe als auch zwei Exemplare der zweiten Auflage erwerben, die Dürers Witwe 1538 veröffentlichte. Eines davon ist mit einer von nur zwei erhaltenen Abschriften des Tagebuchs der Reise in die Niederlande Dürers zusammengebunden.

Heilige Dorothea (bis 1520) von Hans SpringinkleeStaatsbibliothek Bamberg

Heller erwarb einen Wechsel-Holzschnitt Hans Springinklees (1495–1540). Bei diesem kann die dargestellte Heilige, hier Dorothea, durch das Austauschen der äußeren Leiste des Holzstocks mit den Attributen verändert werden.

Das Dürer-Monogramm wurde erst nachträglich auf das Blatt gestempelt. Wegen dieser Praxis warnte Heller 1823: Die blinde Verehrung der Namen begünstigt auch sehr den Betrug.

Geburt Christi (1776) von Maria Katharina PrestelStaatsbibliothek Bamberg

Wie groß die Nachfrage nach Dürer-Blättern war, zeigt z. B. die Geburt Christi von Maria Katharina Prestel (1747-1794). Die Radierung reproduziert eine ehemals Dürer zugeschriebene Zeichnung, die sich im Kunstkabinett der Nürnberger Familie Praun befand, und machte sie so einer Vielzahl von Liebhabern zugänglich.

Der Opfertod des Marcus Curtius von Lucas Cranach d. Ä.Staatsbibliothek Bamberg

Zahlreiche Graphikblätter Hellers transportieren auf der Rückseite Informationen, die noch heute sichtbar sind, da Heller die Blätter nur an einer Kante befestigte.

Der Opfertod des Marcus Curtius (Rückseite) von Lucas Cranach d. Ä.Staatsbibliothek Bamberg

Der Holzschnitt Lucas Cranachs d. Ä. mit dem Opfertod des Marcus Curtius trägt rückseitig nicht nur den Ankaufsvermerk Wien 1821...

...sondern zudem einen Abklatsch. Diese spiegelverkehrte Wiedergabe entstand dadurch, dass man das Blatt mit dem Holzschnitt auf einen anderen frischen Abzug legte.

Fries mit zwei männlichen Halbfiguren (1500-1550) von Sebald BehamStaatsbibliothek Bamberg

Den heute Sebald Beham (1500-1550) zugeschriebenen Fries nahm Heller in seine Dürer-Publikation noch unter der Rubrik „Zweifelhafte Blätter“ auf.

Fries mit zwei männlichen Halbfiguren (Rückseite) (1500-1550) von Sebald BehamStaatsbibliothek Bamberg

Rückseitig findet sich, oberhalb des Preises von zwei Gulden, der Hinweis frhlz. 295; das Blatt wurde also in Nürnberger Kunsthandlung Frauenholz erworben.

Bildnis einer Unbekannten (1518) von Hans SchwarzStaatsbibliothek Bamberg

Heller bekam die auf dem Untersatzbogen als Jungfraw Suten betitelte Zeichnung als Teil eines Konvoluts aus der Sammlung des Nürnbergers Hans Albrecht von Derschau (1755–1824). Das Brustbild einer jungen Frau galt damals als Werk Dürers.

Heller teilte mit, dass das Blatt im Anfange des 17. Jahrhunderts ausgeschnitten […] und wieder auf weises Papier gezogen wurde. Wohl gleichzeitig habe man den Namen der Dargestellten handschriftlich beigefügt...

Abschrift von Dürers Tagebuch der niederländischen Reise (1620 [?]) von Albrecht DürerStaatsbibliothek Bamberg

...wobei man sich auf eine Person bezog, die Dürer seinem Tagebuch der Reise in die Niederlande zufolge im August 1520 in Antwerpen porträtiert hatte. Mit Hilfe der Porträts von Hans Schwarz konstruierte man so ein fiktives Album von Dürers Reise.

Mitwirkende: Geschichte

Joseph Heller und die Kunst des Sammelns

Ausstellung der Staatsbibliothek Bamberg 2021

Virtueller Ausstellungskatalog

Texte: Franziska Deuter (nach Vorlage von Franziska Ehrl)
Fotos: Gerald Raab
Layout: Franziska Deuter

Quelle: Alle Medien
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