Das Berghain: Club der Clubs

Bevor das Berghain zum bekanntesten Club der Welt wurde, war er der beste Club Berlins. Warum?

Berghain Eingang von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Kaltes Scheinwerferlicht strahlt auf die Menschenmenge herab, die darauf wartet, in den kastenförmigen Bau eingelassen zu werden. Man überhört Gespräche in allen möglichen Sprachen und blickt an der Tür in die enttäuschten Gesichter der Abgewiesenen.

Berghain Eingang Garten von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Vom ersten Moment an erfasst einen ein Schauder. Die Konturen des Raums sind nur als Schatten zu erkennen. Der mächtige Beton des früheren Generatorenraums strahlt die rohe, industrielle Energie einer vergangenen Epoche aus.

Berghain von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Man blickt auf die Tanzfläche, rechts scheint das blaue Licht der Bar durch die großen Glasfenster, links führt eine weitere Treppe in die Panoramabar. Weil einem dieser Raum niemals selbstverständlich vorkommen wird, kann er zum Schauplatz unvorstellbarer Vergnügungen werden.

Berghain Notausgang von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

In den ersten Stunden wirkt die Party unschuldig und neugierig. Auf dem Floor des Berghain gibt es kaum Gedrängel, kein nervöses Gewusel, keine Ablenkung von der Musik und vom Tanzen. 

Berghain Fassade von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Aus den Lautsprechern tönt ein Urgroove, ein rohes Pulsieren, der eine konzentrierte, hypnotische Grundstimmung erzeugt. Einzelne Euphoriemomente blitzen hervor.

Berghain Tarnnetz von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Marcel Dettmann ist der Schöpfer dieser Klänge. Das Drumming steht im Zentrum seiner Musik, die Verschiebung der einfachen beat pattern und spärliche Sounds strukturieren sein Set. Beim Mixen sieht sein kantiges Gesicht konzentriert und entschieden aus. 

Berghain Fassade von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Dazwischen gibt es Momente, in denen er sich über die Partysituation und den Sound freut und einige Tanzbewegungen macht. Die Basslines sind melodielos, Sounds tauchen nur vereinzelt und entkoppelt auf. Es sind kurze, prägnante Figuren. 

Berghain Lager von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Das Rohe, Dreckige, Skizzenartige erzeugt eine spezielle Spontaneität und Spannung. Das Set hat etwas von einem buddhistischen Ritual, das dazu dient, die Sentimentalität und die Nostalgie der einen im Alltag umgebenden Popmusik abzustreifen.  

Berghain Fassade von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

In dem ehemaligen Heizkraftwerk wurden nur die absolut notwendigen Veränderungen vorgenommen. Die Unterscheidung zwischen Berghain und Panorama Bar spiegelt die die Clubmusik strukturierende Differenz zwischen Techno und House wieder. 

Berghain Eingang Garten von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

In der Laborsituation des Berghainfloors ist ein Sound entstanden, der das Volumen und die Energie von hartem Techno aufnimmt, dessen Tempo aber verlangsamt und so eine neuartige, meditative Tiefe erzeugt. 

Berghain Fassade von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Ben Klock erklärt: „Die Langsamkeit hat sich nicht bewusst ergeben. Die Technoplatten aus den Neunzigern kriegen eine Sexiness, wenn man sie sechs oder acht Prozent langsamer spielt.“ 

Berghain Fassade von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Der Vorgängerclub des Berghain, das Ostgut, befand sich auf der anderen, südlichen Seite des riesigen Bahngeländes zwischen Warschauer Straße und Ostbahnhof. 2003 musste es dem Bau eines Eishockeystadions weichen. 

Berghain Fassade von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Das Ostgut ist der mythische Gründungsort der Clubkultur der Gegenwart, dort wurde das heute herrschende Feiermodell maßgeblich entwickelt. 

Berghain von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Besonders in der alten Panoramabar formte sich der aktuelle Clubsound, in dem Techno und House zu einer neuen Clubmusik verschmolzen wurden, in der ebenso Elemente des Minimal-Sounds verarbeitet sind, wie Stile vergangener Formen von Tanzmusik. 

Berghain Eingang laboratory von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Alles begann in der Katerstimmung der vergehenden neunziger Jahre, denn die Technoszene von Berlin-Mitte hatte keine Kraft mehr. In dieser Zeit eröffnete das Ostgut. 

Berghain Fassade von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Zunächst feierte dort allein das schwule Publikum des benachbarten Sexclubs zu harter, geschmackssicher ausgewählter Technomusik. Die eine Hälfte des Dancefloors war von muskelbepackten, glatzköpfigen Männern in Armeehosen und –stiefeln mit nackten Oberkörpern bevölkert. 

Berghain Ausgang von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Die andere Hälfte von einem heterogenen, schwulen Publikum. Es verging einige Zeit, bis sich dieser Laden in der hetereosexuellen Partyszene herumsprach. Für beide Seiten war der Club eine völlig neue Erfahrung. 

Berghain Fassade von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Die Musik auf schwulen Parties war bis dahin meistens abgekoppelt von den internationalen Entwicklungen der Clubmusik. Für die Heteros war das schwule Insistieren auf die existenzielle Notwendigkeit zu feiern extrem inspirierend. 

Berghain Biergarten Rüdersdorf WC von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Die Müdigkeit, die sich über die Parties in den etablierten Clubs gelegt hatte, war wie weggeblasen: Die Älteren erinnerte das Ostgut an ihren ersten Kontakt mit der Musik in den frühen neunziger Jahren. 

Berghain Biergarten Rüdersdorf WC von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Die Jüngeren faszinierte die soziale Glaubwürdigkeit des Ostguts: Hier ging niemand aus, um am nächsten Morgen in seiner Agentur damit zu prahlen. Es zählte allein, was im hier und jetzt passierte.

Berghain von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Durch die Kombination von perfektem Ort, zurückgenommener Ausstattung, optimalem Sound, stilsicherem Booking und makellosem Service überragte das 2004 eröffnete Berghain erneut alle anderen Clubs der Stadt. 

Berghain Seiteneingang von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Mit ihrem zweiten Club wollten sich die Macher auch jenseits des Bookings künstlerisch positionieren. Die Panoramabar wird von großen Bildern von Wolfgang Tillmans geschmückt, man veranstaltet Konzerte außerhalb des Clubrahmens und gründete ein eigenes Label, Ostgut Ton. 

Berghain Lager von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Indem er einem die größtmöglichen Genüsse vorführt, muss man sich selbst die Frage stellen: Was will ich? Wo trage ich mich in die Karte des sozialen, sexuellen und musikalischen Genießens ein?

Berghain Biergarten Rüdersdorf WC von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Es ist ein Ort, wo man lernt, seinem eigenen Begehren ins Auge zu schauen. Bin ich heterosexuell? Bin ich schwul - oder irgendetwas anderes auf dem unendlichen Spektrum der menschlichen Sexualität? 

Berghain Fassade von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Die Berghain-Artists und Macher strahlen eine solche Sicherheit und Gelassenheit aus, weil sie diesen Prozess durchlaufen haben. Die Macher selbst hebt das Menschliche bei den Entscheidungen hervor, es gehe darum, Freiräume herzustellen und gegebenenfalls Rückhalt zu bieten. 

Berghain Notausgang von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

In den Gesprächen kommt immer wieder heraus, wie wohl sich alle Musiker im Berghain fühlen, wie ungeplant das Label entstanden ist, und wie wichtig die künstlerische und soziale Intuition bei allem ist. 

Berghain Vorplatz von Alexis WaltzGROOVE Magazin Berlin

Alle Produzenten auf dem Label sind gleichzeitig DJs im Club. Len Faki: „Da wächst etwas, das noch am Anfang steht.“ Dettmann: "Es ist das komplette Paket. Wenn ich privat ausgehe, dann ins Berghain." 

Quelle: Alle Medien
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