150 Jahre der Barer Säule in Rapperswil

Von "The Polish Museum in Rapperswil"

Polenmuseum in Rapperswil

Am 16. August 1868 wurde am Zürichsee in Rapperswil die Enthüllung eines prächtigen Säulendenkmals gefeiert, das zum Gedenken des hundertsten Jahrestages der Gründung der Konföderation von Bar entstand. Das Denkmal wird auch „polnische Freiheitssäule“ oder „Polnische Säule“ genannt. Die Säule wurde von Graf Władysław Plater, einem polnischen Emigranten, gestiftet, der zwei Jahre danach das Polnische Nationalmuseum auf dem Schloss in Rapperswil gründete.

Die Barer Säule (1868-2018), Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Die Geschichte des eng mit dem Polnischen Nationalmuseum verbundenen Denkmals ist ein Zeichen für die 150-jährige Koexistenz der schweizerischen und polnischen Kultur. In diesem Sinne ist die Stadt Rapperswil zum Synonym der Freundschaft zwischen Polen und Schweizern geworden und ist es bis heute.

Die Allegorie der Teilung Polens im Jahre 1772, Jean-Michel Moreau, gen. der Jüngere (Autor der Zeichnung), około 1773, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Wozu ein polnisches Denkmal in der Schweiz?

Aufgrund der drei Teilungen Polens, die Preussen, Russland und Österreich am Ende des 18. Jahrhunderts (1772, 1793 und 1795) vollzogen, wurde der polnische Staat mit seiner jahrhundertelangen Geschichte und reicher Kulturvielfalt für 123 Jahre von der politischen Landschaft Europas ausradiert. Trotzdem haben die Polen ihre Pläne der Wiedergeburt eines unabhängigen Staates nie aufgegeben. Allerdings konnte das Ziel erst 1918 verwirklicht werden. Als Folge nationaler Aufstände mussten viele Polen ins Exil fliehen, vor allem nach Frankreich und in die Schweiz. Die polnischen Emigranten im Ausland haben ihr politisches und kulturelles Wirken zur Befreiung ihrer Heimat weiterhin aktiv fortgesetzt.

Das Porträt von Gottfried Keller, 1927, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Die Schweiz als Ort des Exils der polnischen Emigranten

Das Herz der Helvetier ist weder aus Eis noch aus Stein | das Land ist bei ihnen zwar knapp, es wird sich aber ergeben, dass sie ein Stück Freiheit für uns bergen. | Das wird verheissungsvoll sein …“ Antoni Górski, polnischer Aufständische in Exil

Im 19. Jahrhundert hat die Schweiz für die politische Elite Polens und der polnischen Intellektuellen eine immense Anziehungskraft ausgeübt – vor allem wegen ihres liberalen Verhältnisses zu den politischen Emigranten. Die schweizerischen Behörden haben sich nicht nur stark für das Recht auf Asyl der politischen Migranten eingesetzt, sondern haben auch bewusst über ihre politische Aktivität hinweggesehen. Man hat nur in den Fällen reagiert, in denen offenbar gegen das geltende Recht bzw. die schweizerische Neutralitätspolitik verstossen wurde. Neben der weitgehenden Toleranz der schweizerischen Behörden war auch eine freundliche und verständnisvolle Einstellung der Bürger gegenüber der polnischen Unabhängigkeitsbestrebungen und politischen Emigranten ein wichtiger Grund für die in der Heimat von Wilhelm Tell wirkenden polnischen Patrioten. Der Novemberaufstand (1830/31) ist in der Schweiz auf grosses Interesse gestossen, indem Solidaritätskundgebungen und Hilfeleistungen organisiert wurden. Der Januaraufstand (1863/64) hat im Land der Helvetier ein noch grösseres Echo gefunden. Die schweizerische Presse zeigte sich gegenüber der polnischen Aufständischen solidarisch, indem oft ausführlich über deren Lage berichtet wurde. In den meisten Kantonen entstanden schwungvoll propolnische Komitees, die die Hilfe für die aufständischen Polen organisiert haben. Man hat Kleider, Medikamente, Geld und Waffen besorgt sowie freiwillige Kämpfer entsandt, die sich den polnischen Aufständischen angeschlossen haben. Der „spiritus movens“ der Aktion war Gottfried Keller (1819-1890), der Erste Stadtschreiber des Kantons Zürich und ein hervorragender Schweizer Schriftsteller, der sich seit jungen Jahren mit den polnischen Angelegenheiten aktiv auseinandergesetzt hat.

Das Porträt von Władysław Ewaryst Graf Broel-Plater, Peter Eyskens, XX wiek, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Graf Władysław Eweryst Broel-Plater - Stifter des Denkmals

Graf Władysław Broel-Plater (1806-1889) war einer der am stärksten engagierten polnischen Patrioten, die in der Schweiz eine politische Aktivität für die Unabhängigkeit Polens betrieben haben. Graf Broel-Plater nahm an dem Novemberaufstand (1830/31) teil und hat seine politische Aktivität zuerst in Frankreich begonnen. 1844 liess er sich in der Schweiz, in Kilchberg bei Zürich, nieder. Aufgrund seiner Verdienste, die er fürs Vertreten und Verbreiten der polnischen Nationalinteresse geleistet hat, war Graf Broel-Plater in der Schweiz als ein inoffizieller „Botschafter des unterdrückten Polens“ angesehen worden. Er hat zusammen mit dem Schriftsteller Gottfried Keller das Schweizer Zentralkomitee für Polen in Zürich gegründet, das ein Teil einer weit angelegten internationalen Hilfsaktion für den Januaraufstand (1863/64) verkörperte. Dieses Zentralkomitee hat auf Initiative von Plater und mit seiner finanziellen Unterstützung während anderthalb Jahren die deutschsprachige Zeitschrift „Der Weisse Adler“ herausgegeben, in der die Wiedererlangung der Unabhängigkeit durch Polen behandelt wurde. Während der Diktatur von Aufstandsanführer Traugutt wurde Plater zum offiziellen Vertreter der aufständischen Regierung in der Schweiz. Auch nach der Niederlage der Aufständischen hat der Graf Plater verschiedene Massnahmen im Interesse Polens unternommen. Dazu gehört die Errichtung des polnischen Denkmals in der Schweiz, die 1868 begonnen und im gleichen Jahr vollendet wurde. Den Anreiz dafür lieferte der anstehende 100. Jahrestag der Konföderation von Bar.

Pułaski bei Częstochowa (Episode aus der Zeit der Konföderation von Bar), Juliusz Kossak, 1877, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Die Errichtung des Denkmals zum Gedanken von 100 Jahren der Konföderation von Bar - über die Idee von Władysław Plater

„Polen unsterblicher Genius nach hundertjährigem Kampf mit der Gewalt noch besiegelt ruft auf Helvetiens freiem Boden zur göttlichen und menschlichen Gerechtigkeit“ Kornel Ujejski

Die Idee, das Denkmal ausgerechnet 1868 zu errichten, bot eine perfekte Gelegenheit, um die Frage der Existenz Polens auf eine aussagekräftige Art und Weise in der Öffentlichkeit vorzubringen; um an ein Land zu erinnern, das zwar auf der Karte nicht mehr existierte, aber trotzdem lebte und kämpfte. Das hundertste Jubiläum der Gründung der Konföderation von Bar (1768) stellte für Plater und seine Zeitgenossen ein besonderes Ereignis im Sinne der polnischen Unabhängigkeitstradition dar. Die noch in der Zeit vor der Teilung Polens gründete Konföderation von Bar richtete sich hauptsächlich gegen die russische Herrschaft in Polen, indem sie sich für die Verteidigung der bedrohten Souveränität und traditionellen Rechte einsetzte. Die Mythologisierung dieser Bewegung durch romantische Dichter hat dazu geführt, dass die polnischen Unabhängigkeitskämpfer diesen Zeitpunkt als Beginn der polnischen Nationalbestrebungen um die verlorene Freiheit sowie als Vorbild für alle weiteren Aufstände wahrgenommen haben. Das 100-jährige Jubiläum der Gründung der Konföderation von Bar war also mit der einhundert jährigen Geschichte der Nationalbestrebungen nach Unabhängigkeit des polnischen Volkes untrennbar verbunden. Von daher eröffnete das auf dem Denkmal dargestellte Jahr 1868 die Auflistung anderer wichtigen Ereignisse im nationalen Freiheitskampf der Polen. Nach dem Datum 1868 folgten die in der französischen Sprachen verfassten Ereignisse:

Verfassung vom 3. Mai 1791 Kościuszko-Aufstand 24. März 1794 Entstehung der Polnischen Legionen in Italien 20. Januar 1797 Aufstand in der Provinz Posen 3. November 1806 Verteidigung des Herzogtums Warschau 1809 Generalkonföderation des Königreichs Polen 28. Juni 1812 Novemberaufstand 29. November 1830 Krakauer Aufstand 22. Februar 1846 Aufstand in der Provinz Posen 20. März 1848 Januaraufstand 22. Januar 1863

Konföderation – in Polen-Litauen (1569–1795) bezeichnete eine Konföderation eine militärische Allianz von Adligen, die ein politisches Ziel erreichen möchten. Bar – eine Stadt im Zentrum der heutigen Ukraine

Die Medaille NOLITE TANGERE (1771) von J.L. Oexlein (Autor des Projekts)The Polish Museum in Rapperswil

Die Barer Säule / Polnische Freiheitssäule in Rapperswil, Julius Stadler (Autor der Skizze); Johann Conrad Werdmüller (Stecher), 1868, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Symbolik des Denkmals

Das Denkmal wurde als eine Säule mit einem Kapitell nach korinthischer Ordnung erstellt. Das Kapitell befindet sich auf einem hohen Sockel und hat einen quadratischen Querschnitt. Als Material wurde schwarzer Marmor eingesetzt, der eine starke Ader-Struktur aufweist. Auf der Säulenspitze steht ein Bronzeadler mit ausgebreiteten Flügeln. In unterem Teil des Denkmals wurde eine goldene Panoplie angefertigt. Der Sockel wurde mit vier Tafeln bestückt. Auf der östlichen Seite befindet sich ein Flachrelief aus weissem Marmor, auf dem das Wappen von Polen-Litauen dargestellt wurde. Auf der Platte, die an der südlichen Seite zu sehen ist, wurden die vorher genannten wichtigsten Daten der nationalen Befreiungskämpfe der Polen dargestellt. Auf den zwei letzten Tafeln steht der vorher erwähnte Text von Dichter Kornel Ujejski, der in Polnisch, Deutsch, Französisch und Latein verfasst wurde und wie folgt lautet: „In dem freien Land der Helvetier führt der unbeugsame Geist Polens seinen einhundert jährigen Kampf gegen das Joch der Unterdrückung, indem er zur der Gerechtigkeit des Gottes sowie zu der Gerechtigkeit dieser Welt spricht.“

Dass das Denkmal ausgerechnet in einer solchen Form aufgebaut wurde, ist kein Zufall.

Die Trajanssäule in Rom, Jan Goeree, przed 1704, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Das Säulendenkmal gehört zu einer der meist verbreiteten Ehrungsformen, die zum Gedenken von Personen bzw. Ereignissen dienen und in die Antike zurückreichen. Im alten Rom wurden die Säulen zur Ehrung militärischer Siegeszüge von zwei Cäsaren errichtet: Trajan und Mark Aurel.

Colonne Vendôme in Paris, Benjamin Zix (Autor der Zeichnung) Wilbrode-Magloire-Nicolas Courbe (Stecher); Jean Duplessi-Bertaux (Radierer), 1810, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Im 19. Jahrhundert ist die Säulenaufstellung mittlerweile zur Mode geworden. Dazu hat Napoleon I. massgeblich beitragen, indem er eine grosse Siegessäule auf der Place Vendôme in Paris für die Grande Armee errichten liess.

7 Julius Stadler Kulumna grafika, Julius Stadler (autor szkicu); E. Päpke (rytownik), 1868, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Der Ruf und die Anerkennung dieses Denkmals sind auf dessen Symbolik zurückzuführen. Die Säule stellt eine tragende und bedeutsame Bauform dar, wobei sie als Ausdruck von positiven Eigenschaften wie Kraft, Beständigkeit, Beharrlichkeit, Mut und Unbeugsamkeit dient. Zugleich fungiert die Säule als ein Bindestück zwischen den Ebenen. Dadurch wird sehr oft eine Grundebene mit dem oben befindlichen Raum verbunden. Durch die Säule wird das Pathos, Hoffnung und Leben ausgedrückt. Die in seinem Ausdruck optimistische Symbolik der hochaufgeschossenen Säule als ein Ehrendenkmal für Kämpfe der polnischen Aufständischen um Freiheit und Unabhängigkeit wird im Vergleich mit einem derzeit nicht weniger populären Motiv und zwar mit dem Topos einer geknickten Säule noch deutlicher. Die geknickte Säule steht nämlich für Trauer, indem Tod und unterbrochenes Leben im Hintergrund zu erahnen sind.

Die Barer Säule / Polnische Freiheitssäule in Rapperswil, Traugott Richard (Fotograf), 1868, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Der auf der Spitze des Rapperswiler Denkmals stehende Adler ist hauptsächlich mit dem polnischen Wappen in Verbindung zu bringen. Der weisse Adler wurde bereits seit Beginn des 13. Jahrhunderts von den ersten Herrschern Polens als ein göttlicher Vogel, sowie als ein Zeichen der Kraft und Macht verwendet. Der weisse Adler stellte einen zentralen Punkt des polnischen Wappens über Jahrhunderte hinweg dar und bleibt es bis heute. Daher konnte er als das bekannteste Symbol Polens eingesetzt werden. Die ausgebreiteten Flügel bezeichneten auch den polnischen Kampf um Freiheit und Unabhängigkeit und waren ein Zeichen der Hoffnung auf Befreiung des Landes, die in der Zukunft kommen sollte.

Das Porträt von Julius Stadler, Louis Zipfel (Fotograf), około 1870, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Julius Stadler – Designer des Denkmals

Die Säule wurde vom Schweizer Architekten Julius Stadler entworfen. Plater hat ihn gezielt mit diesem Projekt beauftragt. Stadler war ein erfahrener Architekt, der in seiner Umgebung einen guten Ruf genoss. Er war auch durch sein wissenschaftliches Wirken bei der Fakultät für Architektur am renommierten Eidgenössischen Polytechnikum Zürich (heute ETH) bekannt. Seine Karriere begann 1855, als er an der neu eröffneten Hochschule eine Stelle als Dozent für architektonisches Zeichnen erhielt und ein Assistent von Gottfried Semper wurde, der als einer der bekanntesten Architekten des 19. Jahrhunderts gilt. Nach langjähriger wissenschaftlichen Arbeit sowie mit seiner Erfahrung als Hochschullehrer und Direktor der Abteilung für graphische Sammlungen der Universität Zürich bekam er 1871 die Professur und wurde zum Nachfolger von Semper ernannt. Dabei erhielt er den Auftrag, die Lehrveranstaltungen über Baustile, Verzierungen und Baukompositionen zu führen. Die Vorträge über Baukomposition hat er 1884 aufgegeben, indem er die Landschaftszeichnungskurse übernahm. Diese Lehraufträge hat er bis zu seiner Pensionierung im Herbst 1893 realisiert.

Das Atelier und die Werkstatt von Louis Wethli in Zürich, anonimowy, 1868/1877, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Louis Wethli – Denkmalbauer

Die von Julius Stadler entworfene Säule wurde von Zürcher Bildhauer Louis Wethli (1842-1914) erstellt. Der junge Künstler hat von seinem frühzeitig verstorbenen Vater eine bildhauerische Werkstatt übernommen. Julius Stadler hat wahrscheinlich Plater empfohlen, ihn zu beauftragen. Die beiden haben sich zur Wethlis Studienzeit am Polytechnikum Zürich (1860-64) kennengelernt, wo Stadler als Dozent tätig war. Dass die Wahl von Plater richtig war, zeigt sich durch ein hohes künstlerisches Niveau des Werkes, das als Marmor-Flachrelief mit dem Wappen von Polen-Litauen (zur Zeit das einzig erhaltene Element auf der ursprünglichen Säule von 1868) angefertigt wurde, sowie durch den guten Ruf, der Louis Wethli nach der Fertigstellung seines Werkes in der Schweiz und im Ausland genossen hatte. Sein künstlerisches Angebot umfasste verschiedene Dienstleistungen, die mit der Anwendung von unterschiedlichen Materialien ausgeführt wurden. Darüber hinaus lieferte er seine Werke nach Deutschland, Frankreich, Russland, England, Amerika, Brasilien, Ägypten, Syrien, Indien und China. Gegenwärtig ist sein Name hauptsächlich durch zahlreiche historische Grabsteine bekannt. Sein romantisch-naturalistisch geprägter Stil mit einer stark symbolischen Färbung macht bis heute die Landschaft vieler Friedhöfe in Zürich und Basel aus.

Sockel der Barer Säule von Bar – Marmor-Flachrelieftafel mit Wappen von Polen-Litauen, Louis Wethli, 1868, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Die Bekanntmachung über die Feierlichkeit der Enthüllung der Barer Säule in Rapperswil, Władysław Graf Plater, 1868, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Feierliche Enthüllung

„Ujejski hat eine sehr schöne und sogar ganz teure Fahne besorgt, die auf unserem Schiff nach Rapperswil flatterte. Dann haben wir sie samt der schweizerischen Fahne in der feierlichen Kundgebung zum Denkmal getragen“ H.Schmitt, Briefe an seine Frau 1845-1880 Die feierliche Enthüllung in Rapperswil fand am 16. August 1868 statt und die Veranstaltung „verlief vorzüglicher als es die Organisatoren erwarten konnten“. An diesem Sonntag wurde am Vormittag zuerst die heilige Messe von einem polnischen Priester in der nah gelegen Kapuzinerkirche abgehalten. Am Nachmittag hat in Rapperswil ein besonderes Schiff mit polnischer und schweizerischer Fahne angelegt, das ca. 300 Personen aus Zürich brachte (Gäste aus Polen sowie die ausländischen Delegierten aus Tschechien, Ungarn und Deutschland). Der Hafen und die ganze Stadt waren mit Fahnen, Blumen und Transparenten dekoriert, auf denen „Willkommen“ und „Noch ist Polen nicht verloren“ stand. Die Ankommenden wurden mit Jubelrufen von der auf dem Boulevard zusammengekommenen Menschenmenge empfangen. Neben den Einheimischen waren auch die Vertreter der lokalen sowie der kantonalen Behörden und verschiedener Schweizer Vereine präsent. Die Presse hat zu diesem Zeitpunkt über mehrere tausend Teilnehmer berichtet. Um 16 Uhr ging durch die geschmückten Strassen die Kundgebung zur verhüllten Säule in die Richtung Lindenhof. Die Enthüllungsfeier begann mit der polnischen Nationalhymne, die von einem Männerchor und dem Orchester von Rapperswil untermalt wurde. Nach Salutschüssen wurde die Säule von sechs weiss gekleideten Mädchen mit roten Schärpen enthüllt, die die Nationalfarben von Polen und der Schweiz symbolisierten. Vor der Säule haben die folgenden Persönlichkeiten ihre Reden gehalten: Graf Władysław Plater, C.A. Helbing von der Ortsbürgergemeinde Rapperswil, Hr. Saxer - der Regierungspräsident des Kantons St. Gallen, Prof. Anatol de la Forge von der Universität Zürich und Vertreter des Französisch-Polnischen Komitees, Gottfried Kinkel – ein bekannter Deutscher Emigrant und Kornel Ujejski. Die Feierlichkeiten wurden mit einem Bankett im Hotel „Schwanen“ abgeschlossen, an dem ca. 500 Menschen teilnahmen. Der Bankett-Saal wurde mit Fahnen von vielen europäischen Ländern sowie jener der USA geschmückt. Dort wurden weiterhin festliche Reden gehalten. Es wurden auch Depeschen und Glückwunschschreiben aus vielen Orten Europas verlesen. Darunter gab es auch u.a. Telegramme aus verschiedenen polnischen Vereinen sowie von französischen Intellektuellen und Politikern wie: Victor Hugo, Lazare Carnot, Eugene Pelletan, Jules Favre, Edgar Quinet, vom ungarischen General Klapko aus Pest, tschechischen Vereinen aus Prag, Judengemeinden aus Berlin, britischen Vereinen aus London. Die Rede von Karl Walder aus Zürich weckte besonders Aufmerksamkeit. Zudem sorgte die Erklärung vom amerikanischen Konsul Charles A. Page für ein wenig Verwirrung, indem er unter Berufung auf Kościuszko und Pułaski die amerikanische Unterstützung für den polnischen Nationalkampf zugesicherte. Da die russisch-amerikanischen Beziehungen bis jetzt korrekt waren, erregte diese Aussage auf dem diplomatischen Ebene einen unangenehmen Nachgeschmack.

Das Porträt von Theodor Curti, około 1900, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Dr. Theodor Curti (1848-1914) – Bürgermeister von Rapperswil und Abgeordneter des schweizerischen Parlaments, ein großer Freund des Polenmuseums in Rapperswil und des Grafen Władysław Plater.

Plater und sein Werk unterstützende Persönlichkeiten, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Die Titel der Schweizer Zeitungen, die von den Feierlichkeiten der Enthüllung der Polnischen Freiheitssäule handeln (eine Auswahl), 1868, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Internationaler Kontext – Resonanz in der Presse Die Presse hat über massgebende Vorbereitungen anlässlich der Denkmalenthüllung in der ganzen Schweiz sowie im Ausland ausführlich berichtet. Neben den Vertretern der polnischen und Schweizer Presse waren auch ausländische Journalisten anwesend: Henri Martin, Pietro Matti von „Gazzetta del Popolo” und Anatol de la Forge von der Pariser Zeitschrift „Siècle”. Die Auftritte der Politiker und die Inhalte der verlesenen Briefe wurden eingehend beschrieben. Die Veranstaltung hatte nicht nur einen künstlerischen Charakter, sondern bekam nach Absicht von Plater auch eine ausdrücklich politische Bedeutung, die ihre internationale Relevanz erhielt. Es wurde dadurch nämlich ein Zeichen der Unterstützung für die polnischen Unabhängigkeitsbestrebungen gesetzt. Die umfangreichen Berichte über die Veranstaltung in Rapperswil wurden in allen damals wichtigen Zeitungen und lokalen Zeitschriften in der Schweiz veröffentlicht.

Der Schlosshof auf einer Ansichtskarte aus dem 19.Jh., 1899, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Die Versetzung der Säule (1870-1952)

Die Säule wurde 1868 am Ende einer Lindenallee errichtet. Es stellte sich aber heraus, dass dieser Standort nicht so optimal war. Das Denkmal stand dort nur zwei Jahre lang. Am 24. Juni 1870 beschädigte ein starkes Gewitter die Säule. Graf Plater entschloss sich, den zerstörten Adler und den zerstörten Marmor-Säulenschaft durch neue Bauteile aus Gusseisen zu ersetzen. Die neuen Ersatzelemente wurden in der lokalen Werkstatt von Carl Aeppli gefertigt und dabei wurden geringe Änderungen am Aussehen des Denkmals vorgenommen. Der Adler befand sich nunmehr auf der Erdkugel, auf der die unsichtbaren Konturen Polens vorhanden waren. Dazu war eine gewölbte Aufschrift POLONIA erstellt. Die Panoplie, die ursprünglich eine untere Dekoration des Säulenschafts darstellte, wurde durch drei Löwenköpfe ersetzt. In deren Mäulern befanden sich die Lorbeergirlanden, die miteinander verwoben waren. Das korinthische Kapitell wurde durch ein ägyptisches Kapitell ersetzt, das an ein Papyrus- und Palmenblätter-Motiv anknüpft. Den neuen Bestandteil, so wie die neue Säulenbasis, fertigte man aus Kalkstein aus der Alpenregion, wobei der Marmorsockel erhalten blieb. Da ein sicherer Standort notwendig war, wurde die Säule im Innenhof des Rapperswiler Schlosses aufgestellt, wo sich seit 1870 das Polnische Nationalmuseum befand.

Der Entwurf der Aufstellung der Barer Säule neben Schloss Rapperswil, Zdzisław Pręgowski, 1953-04-09, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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1952-1968

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Museum durch die Regierung der kommunistischen Volksrepublik Polen übernommen. Die schweizerischen Behörden haben die Räumung des Polnischen Museums angeordnet und das Schloss an das Internationale Institut für Schlossforschung übergeben. Zudem hat man entschieden, dass der ursprünglich mittelalterliche Charakter des Schlosses wiederhergestellt werden soll. Das hatte aber zur Folge, dass die Barer Säule aus dem Schlosshof entfernt werden musste (1953). Die Demontage wurde durch das Bauunternehmen Thülermann aus Rapperswil durchgeführt.

Der Entwurf der Aufstellung der Barer Säule neben Schloss Rapperswil, Zdzisław Pręgowski, 1953, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Die Säule wurde an den Fuss des Schlosshügels verlagert und inmitten von hohen Bäumen gestellt – zwischen Hirschpark und Pulverturm. Eine nicht fachgerechte Demontage, fehlendes Verständnis für technischen Aufbau und Verbindungen zwischen Bauteilen führten zu Bruchstellen im unteren Säulenteil.

Der Bau des Platzes für die Barer Säule auf dem Schlosshügel Rapperswil in den 50er Jahren des XX. Jahrhunderts, 1955, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Die Zerlegung der Barer Säule in den 50er Jahren des XX. Jahrhunderts, 1953, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Der Entwurf der Überführung der Barer Säule auf den Platz vor dem Eingang zum Schlosshof in Rapperswil in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts., Zdzisław Pręgowski, 1968, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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1968-2018

1954 entstand der polnisch-schweizerische Verein „Freunde des Polenmuseums Rapperswil“. Dementsprechend hat man alle Anstrengungen unternommen, um für die Säule einen würdigen Standort zu finden. Das Vorhaben wurde 1968 erfolgreich umgesetzt und das erfolgte zum 200. Jubiläum der Konföderation von Bar und zum 100. Jubiläum der Säulenerrichtung. Das Denkmal wurde auf Initiative vom damaligen Architekten Zdzisław Pręgowski, Kurator des Polenmuseums, verlagert und in einer angepassten Umgebung aufgestellt. Die Säule wurde endgültig vor dem Schloss, beim Eingang des Schlosshofes, platziert und steht dort bis heute. Die Restaurationsarbeiten wurden nur auf den Sockel beschränkt. Die teilweise neuen Granittafeln (der Granit stammt aus dem Tessin) mit der Aufschrift, die auf dem Sockel steht, fertigte Ernst Ghenzi aus Uznach.

Der Wiederaufbau der Barer Säule in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, 1968, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Darüber hinaus umfasste die Restauration zwei Tafeln mit dem bereits erwähnten Zitat auf Polnisch und Deutsch von Kornel Ujejski. Dabei ersetzte man eine Tafel mit den Daten der polnischen Befreiungskämpfe durch die Aufschrift MAGNA RES LIBERTAS [Freiheit ist eine grosse Sache]. Eine feierliche Enthüllung des Denkmals an seinem derzeitigen Standort fand am 4. Mai 1969 statt.

Weihe der Barer Säule, 1969-05-04, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Die Generalversammlung des Vereins der Freunde des Polenmuseums in Rapperswil, 1968-11-30, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Die Renovierung der Barer Säule in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, 1992, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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In den Jahren 1992-94 wurde die Säule ein weiteres Mal restauriert. Die Säule wurde demontiert und dann wieder auf ihren Platz gestellt, indem grundsätzlich beschädigte Bereiche des Säulenschafts erneuert wurden. Die letzten Restaurationsarbeiten fanden 2008 anlässlich des 140-jährigen Jubiläums der Säulenerrichtung statt. Diese Arbeiten, die das polnische Ministerium für Kultur und nationales Erbe finanzierte, führte eine Gruppe polnischer Konservatoren und Restauratoren unter Leitung von Dr. Janusz Smaza von der Akademie der Bildenden Künste in Warschau durch.

Die Renovierung der Barer Säule in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, 1992, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Das Album des Polenmuseums in Rapperswil, Franciszek Bondy, 1896, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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„Das hier stehende Denkmal wird ein Gegenstand unserer Besinnung sein…“ Henryk Schmitt

Die Worte von Henryk Schmitt waren fast schon prophetisch. Die Barer Säule ist zu einem Punkt der polnischen Exilgeschichte von symbolischer Tragweite geworden, auf der polnische Nationalfeste und andere Veranstaltungen fokussiert werden, die die Polen in der Heimat mit ihren Landsleuten im Ausland verbinden. Das 150-jährige Bestehen der Säule auf dem Hügel in Rapperswil hat aufgrund nationaler Erfahrungen zur Entstehung einer gemeinsamen Verständigungsbasis zwischen mehreren Generationen von Polen beigetragen. Die Geschichte des Denkmals ist zum Symbol von Ereignissen und dem Schicksal Polens geworden. Das Denkmal wird von Schweizern gewöhnlich als „Freiheitssäule“ bezeichnet und hat auch für sie eine symbolische Bedeutung. Das zeigt die Toleranzkultur und der Humanitarismus der Helvetier, die den Emigranten Zuflucht geboten haben. Dieses deutliche Zeichen der Solidarität mit dem unterdrückten Volk bildet die grundlegenden Werte jeder Gesellschaft – Freiheit und Demokratie.

Gäste, die bei der Zeremonie des Polenmuseums in Rapperswil ankommen, 1910, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Der Besuch des Bischoffs Władysław Rubin in Rapperswil, 1970-04-23, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Die Feierlichkeiten anlässlich des 85. Geburtstages von Pater Józef Bocheński, 1987, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Der Besuch des Kardinals Józef Glemp im Polenmuseum in Rapperswil, 1994, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Die Teilnehmer der Rallye „Auf den Spuren der Polen in der Schweiz" in Rapperswil, 2013, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Die polnische Säule ist ein Lieblingsmotiv für Touristen in Rapperswil. Das Denkmal schmückte auch die Postkarten, die an Freunde und Familienangehörigen versendet worden waren. Die Schatten am Standort des Denkmals bieten Erholung für Touristen, die die Stadt und ihre Umgebung besichtigen. Der auf der Spitze stehende Adler ist auch Zeuge von Liebessprüchen verliebter Paare.

Die Heilige Messe neben der Polnischen Freiheitssäule beim Rapperswiler Schloss, die die Konferenz "Magna Res Libertas – Auf dem Weg zur Unabhängigkeit" eröffnet hat., 2018-06-20, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Die Heilige Messe neben der Polnischen Freiheitssäule beim Rapperswiler Schloss, die die Konferenz "Magna Res Libertas – Auf dem Weg zur Unabhängigkeit" eröffnet hat.

Die Heilige Messe neben der Polnischen Freiheitssäule beim Rapperswiler Schloss, die die Konferenz "Magna Res Libertas – Auf dem Weg zur Unabhängigkeit" eröffnet hat., 2018-06-20, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Die Jubiläums-Medaille anlässlich des 50. Jahrestages der Gründung des Polenmuseums in Rapperswil, Konstanty Żmigrodzki (Autor des Projekts), 1920, 1920, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Die Jubiläums-Medaille anlässlich des 50. Jahrestages der Gründung des Polenmuseums in Rapperswil

Sammlermünze POLENMUSEUM IN RAPPERSWIL, Ewa Olszewska-Borys (Autorin des Projekts), 2000, Aus der Sammlung von: The Polish Museum in Rapperswil
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Sammlermünze POLENMUSEUM IN RAPPERSWIL

Mitwirkende: Geschichte

Kuratoren der Ausstellung:
Anna Buchmann
Anna Tomczak
Radosław Pawłowski

Textkorrektur:
Anna Buchmann

Fotografie:
Piotr Jamski
Monika Jastrzębiec Czepielewska
Radosław Pawłowski

Grafische Bearbeitung und Ausstellungsgestaltung:
Monika Jastrzębiec Czepielewska

Übersetzung:
Übersetzungsbüro JUNIQUE

Quelle: Alle Medien
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