Das Vermächtnis des Bauhaus-Genies Oskar Schlemmer

Editorial Feature

Von Google Arts & Culture

Fuge über ein Auferstehungsthema (1916) von Adolf HölzelLandesmuseum Kunst & Kultur Oldenburg

Leben und Werk des avantgardistischen Multimedia-Künstlers

Oskar Schlemmer (1888–1943) war ein bekannter Ästhet, also jemand, der für Kunst und Schönheit empfänglich war und sie schätzte. Diese Philosophie brachte er in jedes seiner Projekte ein. Geboren wurde er im Jahr 1888 in Stuttgart und arbeitete als Maler, Bildhauer, Gestalter und Choreograf. Seine Ausbildung absolvierte er an der Kunstgewerbeschule und an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart unter Anleitung der Maler Christian Landenberger und Friedrich von Keller.

Im Jahr 1910 zog Schlemmer nach Berlin, wo er einige seiner ersten wichtigen Werke malte, bevor er 1912 als Meisterschüler von Adolf Hölzel, dessen Werke Sie unten sehen können, nach Stuttgart zurückkehrte. Zwei Jahre später wurde er zum Kriegsdienst eingezogen und kämpfte im Ersten Weltkrieg an der Westfront. Aufgrund einer Verletzung wurde er in die Einheit für militärische Kartografie in Colmar verlegt und blieb dort, bis er 1918 die Arbeit unter Hölzel wieder aufnahm.

Fuge über ein Auferstehungsthema (1916) von Adolf Hölzel (Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg)

Einige Jahre, nachdem Schlemmer damit begonnen hatte, mit der Bildhauerei zu experimentieren und seine Werke auszustellen, wurde er 1921 vom Bauhaus-Gründer Walter Gropius entdeckt. Das Bauhaus war eine deutsche Kunstschule. Sie existierte von 1919 bis 1933 und vereinte Kunsthandwerk und die bildende Kunst. Die Schule war für ihre revolutionäre Gestaltungsphilosophie bekannt, den sie veröffentlichte und lehrte. Ihr Einfluss ist bis heute auf der ganzen Welt spürbar.

Am Bauhaus wurde Schlemmer zunächst die Leitung der Werkstätten für Wandbildmalerei und Bildhauerei übertragen. Im Jahr 1923 wurde er Formmeister in der Theaterwerkstatt. Später wurde er zu einem der wichtigsten Lehrer der Schule.

Abstract figure (1921) von Oskar SchlemmerKröller-Müller Museum

Abstrakte Figur von Oskar Schlemmer, 1921 (aus der Sammlung des Kröller-Müller-Museums)

The Bauhaus Dessau (1919/1933) von Walter GropiusOriginalquelle: Vidal Sassoon

Das Bauhaus Dessau, gegründet von Walter Gropius (1919–1933) (aus der Sammlung des British Fashion Council)

Eines der wichtigsten Werke Schlemmers war die Premiere seines Triadischen Balletts, das ihm zum internationalen Durchbruch verhalf. Die Musik des Balletts stammte von Paul Hindemith. Es avancierte zum meistgezeigten avantgardistischen Kunsttanz. Während Schlemmer am Bauhaus arbeitete, ging das Ballett auf Tournee, was zur Verbreitung des Bauhaus-Stils beitrug. Unten sehen Sie eine Aufführung des Balletts aus dem Jahr 1970 von Margarete Hastings:

Schlemmer thematisierte in seinen Werken, die er während seiner Zeit am Bauhaus erschuf, vor allem die Beziehung des menschlichen Körpers zum Raum. Figuren mit stilisierten Zügen ohne Gesicht, oft mit einer weiblichen Form, bildeten die dominanten Motive seiner Gemälde. Seine Faszination für den menschlichen Körper zeigte sich in einem seiner Unterrichtsfächer, das den Namen “Der Mensch” trug. Der Kurs war in formale, biologische und philosophische Inhalte gegliedert. Seiner Ansicht nach sollte ein Werk logisch vom Entwurf einer Idee über präzise Zeichnungen bis zur Auswahl und Verarbeitung des Materials aufgebaut sein.

Die charakteristischen Formen Schlemmers kann man an seinen Skulpturen und an seinen Gemälden beobachten. Am Bauhaus wandte er sich auch dem Bühnenbild zu. In diesem Bereich sammelte er 1929 das erste Mal Erfahrung, als er Kulissen für die Oper Le Rossignol und das Ballett Le Renard von Igor Strawinsky gestaltete.

The Crier, the Doctor, the Little Hunchback: Marionettes for "The Adventure of the Little Hunchback", presented at the Experimental Theater of the Bauhaus in Weimar under the direction of Oskar Schlemmer (1923) von Kurt Schmidt (design)Museum für Sächsische Volkskunst mit Puppentheatersammlung, Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Der Ausrufer, der Arzt, der Bucklige: Marionetten für “Die Abenteuer des kleinen Buckligen”, ausgestellt im experimentellen Theater des Bauhauses in Weimar unter der Leitung von Oskar Schlemmer. Von Kurt Schmidt, 1923 (aus der Sammlung des Museums für Sächsische Volkskunst und der Puppentheatersammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden)

Figure H 2 (Figur H 2) (1921)Dallas Museum of Art

Figur H 2 (1921) von Oskar Schlemmer (aus der Sammlung des Dallas Museum of Art)

Schlemmer verließ das Bauhaus im Jahr 1929 aufgrund der politischen Situation in Deutschland und insbesondere wegen der Berufung des radikalen kommunistischen Architekten Hannes Meyer als Nachfolger von Gropius. Er zog um und nahm eine Stelle an der Kunstakademie in Breslau an.

Während seiner Zeit in Breslau malte Schlemmer sein berühmtestes Werk, die Bauhaustreppe, im Jahr 1932. Auf dem Gemälde ist das Bauhaus dargestellt. Die gitterartige Struktur, die modularen Figuren und die zurückhaltende Farbpalette, die der Künstler hier einsetzt, spiegeln die Bauhaus-Philosophie exemplarisch wider.

Bauhause Exhibition, Mus. Of Modern Art (1938-12) von Hansel MiethLIFE Photo Collection

Ansicht der Bauhaustreppe von Oskar Schlemmer auf einer Bauhaus-Ausstellung des Museum of Modern Art (1938), von Hansel Mieth (aus der Fotosammlung von LIFE)

Die Nachwirkungen der auf den Wall-Street-Crash folgenden Finanzkrise zwangen Schlemmer dazu, die Breslauer Akademie zu verlassen, als diese 1932 geschlossen wurde. Er nahm daraufhin einen Lehrstuhl an den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst in Berlin an. Schlemmer arbeitete dort allerdings nur ein Jahr, da er die Stelle auf Druck des Naziregimes aufgeben musste. Die Nationalsozialisten waren auch für die Schließung des Bauhauses im selben Jahr und die Zerstörung vieler dort verbliebener Werke verantwortlich.

Schlemmer und seine Familie zogen nach Eichberg in der Nähe der Schweizer Grenze und im Anschluss nach Sehringen. In dieser Zeit wurden seine Werke von den Nationalsozialisten in einer Ausstellung für entartete Kunst gezeigt. Die letzten zehn Jahre seines Lebens verbrachte Schlemmer in einem Zustand der inneren Emigration. Dieser kontroverse Begriff beschreibt die Situation deutscher Schriftsteller und Künstler, die die Nazidiktatur ablehnten, sich aber entschlossen, nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 in Deutschland zu bleiben. Max Bill schrieb in seinem Nachruf auf Schlemmer, dass der Künstler während dieser Zeit wie von einem Schleier des Schweigens bedeckt war.

Figural Plan K 1 (Figurenplan K 1) (1921)Dallas Museum of Art

Figurenplan K 1 (1921) von Oskar Schlemmer (aus der Sammlung des Dallas Museum of Art)

Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete Schlemmer zusammen mit Willi Baumeister und Georg Muche am Institut für Malstoffe in Wuppertal, das vom Philanthropen Kurt Herbert betrieben wurde. Hier bekam der Künstler die Möglichkeit, ohne Angst vor Verfolgung zu malen. Seine letzten Werke malte Schlemmer im Jahr 1942: Eine Reihe von 18 kleinen und mystischen Werken mit dem Titel Fensterbilder. Diese erschuf er, während er aus seinem Fenster sah und seine Nachbarn dabei beobachtete, wie sie ihren häuslichen Arbeiten nachgingen.

Schlemmers Ideen waren fortschrittlich, selbst für Bauhaus-Maßstäbe, seine Werke waren aber weit verbreitet und international akzeptiert. Die Faszination des Künstlers für den Körper, seine Bewegungen und die Beziehung zum Raum spiegelt sich in seinem Gesamtwerk wider, das Menschen als architektonische Formen und Figuren zeigt, die zwischen der zweiten und dritten Dimension changieren. Heute haben seine Ideen sogar Einfluss auf die Popkultur: So nahm die Band "New Order" in ihrem Video True Faith aus dem Jahr 1987 Bezug auf Schlemmers Werk. Auch Lady Gaga schwebte in ihrer Hochphase mit dem Titel Bad Romance 2008 in ähnlich avantgardistischen Sphären.

Profil nach links in Streifen (1925) von Oskar SchlemmerLandesmuseum Kunst & Kultur Oldenburg

Profil nach links in Streifen (1925) von Oskar Schlemmer (aus der Sammlung des Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg)

Quelle: Alle Medien
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