Zerstörung. Wiederaufbau?

Teil der Onlineausstellung "StilBRUCH?"

Die Stadt Berlin wurde im Laufe des Zweiten Weltkrieges durch Luftangriffe der USA und Großbritanniens stark zerstört. Die alliierte Luftwaffe flog insgesamt 310 Angriffe auf die Stadt. Allein in Berlin kamen während des Krieges 50.000 Menschen ums Leben. Mit Flugblättern hatte die britische Regierung zuvor versucht, die Bevölkerung über das Kriegsgeschehen zu informieren und vor den Bombenabwürfen zu warnen – verbunden mit dem Aufruf, die Stadt zu evakuieren, was jedoch nicht geschah. Die darauffolgenden schwerwiegendsten Angriffe wurden zwischen November 1943 und März 1944 sowie ab Februar bis Ende April 1945 geflogen. Am Ende des Krieges in Europa, im Mai 1945, waren etwa elf Prozent der bebauten Fläche Berlins völlig zerstört, zahlreiche weitere Gebäude, darunter auch die Berliner Schlösser, trugen starke Beschädigungen davon. Bereits kurz nach Kriegsende begann der Magistrat von Berlin über den Umgang mit den zerstörten Schlössern zu beraten.

Stadtplan Berlins mit Berliner Schlössern und SehenswürdigkeitenSchloss Charlottenburg

Stadtplan von Berlin

Die wichtigsten Gebäude, die in der Ausstellung vorkommen, sind farbig hervorgehoben.

Berlin, Berliner Schloss, südliche Ecke mit Bombenschäden (1945)Schloss Charlottenburg

Der Krieg und die Folgen

Berliner Schlösser nach den Bomben

Von 1927 bis Kriegsende gehörten die Berliner Schlösser zur Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten, die nach Ende der Monarchie 1918 die preußischen Schlösser auf dem gesamten deutschen Gebiet unterhielt. In Folge des Zweiten Weltkrieges waren das Berliner Schloss, Schloss Monbijou und Schloss Charlottenburg von den Berliner Schlössern am stärksten von den Luftangriffen betroffen, das Schloss auf der Pfaueninsel und Jagdschloss Grunewald dagegen nur leicht beschädigt.

Britisches Flugblatt mit der Warnung an die Zivilbevölkerung vor Luftangriffen auf Industriegebiete (1943-09-01)Schloss Charlottenburg

Der Krieg und die Folgen

Britisches Flugblatt mit der Warnung an die Zivilbevölkerung vor Luftangriffen auf Industriegebiete, 1. September 1943

Die britische Regierung warf dieses Flugblatt 1943 über deutschen Städten mit Rüstungsindustrie ab. So auch über Berlin und der Umgebung von Schloss Charlottenburg, da der Bezirk Spandau mit seiner ausgeprägten Rüstungsindustrie im Ortsteil Siemensstadt nicht weit entfernt lag. Tatsächlich wurde das Schloss zwei Monate nach Abwurf des Flugblatts im November 1943 durch Bomben stark zerstört.

Berlin, zerstörte Innenstadt mit Berliner Schloss und Berliner Dom, Blick in Richtung Unter den Linden (Ende 1945)Schloss Charlottenburg

Der Krieg und die Folgen

Berlin, zerstörte Innenstadt mit Berliner Schloss und Berliner Dom, Blick in Richtung Unter den Linden, Zustand Ende 1945, Copyright: bpk / Carl Weinrother

Nach Abwurf des Flugblatts zur Warnung der Zivilbevölkerung im September 1943 wurden ab November in der sogenannten Luftschlacht um Berlin zahlreiche Gebäude zerstört. Am Ende des Krieges in Europa 1945 lag die Innenstadt in Trümmern. Das Berliner Schloss und der Berliner Dom waren weitreichend beschädigt, in der Straße Unter den Linden blieben von 64 Gebäuden nur 16 erhalten.

Berlin, Berliner Schloss, südliche Ecke mit Bombenschäden (1945)Schloss Charlottenburg

Der Krieg und die Folgen

Berlin, Berliner Schloss, südliche Ecke mit Bombenschäden, Zustand Februar 1945

1944 hatte eine Sprengbombe eine Lücke in die nordwestliche Seite der Lustgartenfassade des Berliner Schlosses gerissen und die Bildergalerie zerstört. Der große Luftangriff auf Berlin im Februar 1945 löste einen Brand aus, der die Räume im Norden und Süden zerstörte. Insgesamt aber waren weite Teile der Außenhülle des Schlosses relativ intakt geblieben.

Berlin, Schloss Monbijou, Sprengung der Ruine (1958)Schloss Charlottenburg

Der Krieg und die Folgen

Berlin, Schloss Monbijou, Sprengung der Ruine, Zustand 1958

Auch Schloss Monbijou erlitt 1943 erhebliche Schäden durch die Bombardierungen. Das eigentliche Ziel der Alliierten war vermutlich der Bunker des Haupttelegrafenamtes gewesen, der sich im Schlosspark befand. Das Schloss brannte vollständig aus und große Teile der Außenmauern wurden zerstört. Die Ruine wurde zunächst notdürftig gesichert und abgesperrt.

Berlin, Schloss Charlottenburg, Altes Schloss, Ehrenhof und Schlossplatz mit Kriegszerstörungen (vor 1949)Schloss Charlottenburg

Der Krieg und die Folgen

Berlin, Schloss Charlottenburg, Altes Schloss, Ehrenhof und Schlossplatz mit Kriegszerstörungen, Zustand vor 1949

Schloss Charlottenburg wurde am 22. und 23. November 1943 schwer getroffen. Das Obergeschoss im Mittelbau mit der Kuppel wurde zerstört, ebenso die im Erdgeschoss gelegenen Räume der Gartenseite, der Neue Flügel, der Theaterbau und die Große Orangerie. Der Grad der Zerstörung war insgesamt größer als beim Berliner Schloss.

Berlin, Schloss Charlottenburg, Neuer Flügel, Mittelrisalit mit Kriegszerstörungen (1943/1944)Schloss Charlottenburg

Der Krieg und die Folgen

Berlin, Schloss Charlottenburg, Neuer Flügel, Mittelrisalit mit Kriegszerstörungen, Zustand 1943/1944

Große Teile des Neuen Flügels von Schloss Charlottenburg wurden durch Brandbomben stark beschädigt. Lediglich wenige Räume blieben, wenn auch nicht ganz ohne Schaden, erhalten, darunter drei im Erdgeschoss und drei weitere im Obergeschoss auf der Gartenseite. Mit der Goldenen Galerie und dem Weißen Saal brannten auch die großen Festsäle komplett aus.

Berlin, Schloss Charlottenburg, Altes Schloss, Ehrenhof, zwei Steinmetze bei Ausbesserungsarbeiten am westlichen Wächterhäuschen (1953)Schloss Charlottenburg

Abriss oder Wiederaufbau

Eine Frage der Lage?

Nach Kriegsende in Europa im Mai 1945 bestimmte zunächst die Sowjetische Militäradministration den Magistrat für die Stadt Berlin. Der Stadtbaurat Hans Scharoun sollte ein Konzept zum Wiederaufbau erarbeiten. Sein Antrag zur Sicherung der Schlösser wurde abgelehnt, denn die kommunistischen Stadträte wollten diese als „Zeichen des Imperialismus“ gedeuteten Gebäude nicht erhalten. Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik 1949 fielen Schloss Charlottenburg im Westen der Stadt und das Berliner Schloss sowie Schloss Monbijou im Osten unter verschiedene Regierungsbereiche.

Helmut Börsch-Supan im Weißen Saal von Schloss Charlottenburg (Juni 2020)Schloss Charlottenburg

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Helmut Börsch-Supan

Ab 1961 Kustos und von 1983 bis 1995 Stellvertretender Direktor der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Berlin.
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Berlin, Berliner Schloss, Sprengung des Apothekenflügels (06.09.1950)Schloss Charlottenburg

Abriss oder Wiederaufbau

Berlin, Berliner Schloss, Sprengung des Apothekenflügels, Zustand 06.09.1950, Copyright: bpk

Trotz Ablehnung einer Gesamtsicherung des Berliner Schlosses wurden 1945 Gelder für Arbeiten am Weißen Saal als Ausstellungsraum bereitgestellt. Die DDR-Führung strebte jedoch die Beseitigung der Symbole der Monarchie an und beschloss trotz Protesten im Juli 1950 die Sprengung des Schlosses. Begonnen wurde mit dem Apothekenflügel.

Berlin, Berliner Schloss, Beseitigung der Trümmer nach der Sprengung (02.06.1951)Schloss Charlottenburg

Abriss oder Wiederaufbau

Berlin, Berliner Schloss, Beseitigung der Trümmer nach der Sprengung, Zustand 06.02.1951, Copyright: bpk / Nina von Jaanson

Nachdem der Schutt beseitigt war, entstand auf dem Gelände des Schlosses ein Aufmarschplatz nach Vorbild des Roten Platzes in Moskau. 1973 begannen die Bauarbeiten des Palastes der Republik, der 2003 bis 2008 abgerissen wurde. Von 2012 bis 2020 entstand mit dem Humboldt Forum ein Neubau mit den äußeren Ausmaßen des Berliner Schlosses.

Berlin, Schloss Monbijou, Die gesprengte Ruine (1960)Schloss Charlottenburg

Abriss oder Wiederaufbau

Berlin, Schloss Monbijou, Die gesprengte Ruine, Zustand 1960

Überlegungen, Schloss Monbijou als Museum wiederaufzubauen, wurden von der Regierung verworfen. Die Ruine sollte 1957 gesprengt werden, wogegen vor allem der Generaldirektor der Staatlichen Museen, Ludwig Justi, protestierte. Der Erhalt der Ruine wurde ihm zugesichert, aber mit seinem Tod im selben Jahr betrachtete die Regierung die Absprache als hinfällig. Der Abriss erfolgte 1958.

Berlin, Schloss Charlottenburg, Altes Schloss, Corps de logis und rechter Seitenflügel (1947)Schloss Charlottenburg

Abriss oder Wiederaufbau

Berlin, Schloss Charlottenburg, Altes Schloss, Corps de logis und rechter Seitenflügel, Zustand 1947

Im stark zerstörten Schloss Charlottenburg begannen bereits im Februar 1946 erste Sicherungsmaßnahmen und bis Ende des Jahres wurden in einer ersten Phase einige Räume mit Notdächern winterfest gemacht. Der Befehl hierzu erfolgte von der britischen Militärregierung an das Bezirksamt.

Berlin, Schloss Charlottenburg, Neuer Flügel (1947)Schloss Charlottenburg

Abriss oder Wiederaufbau

Berlin, Schloss Charlottenburg, Neuer Flügel, Zustand 1947

1947 begann die Instandsetzung der Innenräume für Ausstellungen, denn auch der Magistrat sah nun in Schloss Charlottenburg einen wichtigen Ort für kulturelle Veranstaltungen. 1948 waren die Arbeiten durch die Währungsumstellung, die Blockade der Westsektoren durch die Sowjetunion und die dadurch resultierende Spaltung der Stadtverwaltung bestimmt.

Berlin, Schloss Charlottenburg, Altes Schloss, Ehrenhof, zwei Steinmetze bei Ausbesserungsarbeiten am westlichen Wächterhäuschen (1953)Schloss Charlottenburg

Abriss oder Wiederaufbau

Berlin, Schloss Charlottenburg, Altes Schloss, Ehrenhof, zwei Steinmetze bei Ausbesserungsarbeiten am westlichen Wächterhäuschen, Zustand 1953

1953 erhielt das Alte Schloss ein neues Dach und bis 1956 wurde die Kuppel wiederhergestellt. Im selben Jahr beschloss die Regierung die Finanzierung des Wiederaufbaus aus Bundesmitteln im Rahmen des sogenannten Wiederaufbauplans für Berlin.

Margarete Kühn vor dem eingerüsteten Mittelbau von Schloss Charlottenburg (1953)Schloss Charlottenburg

Hartnäckigkeit zahlt sich aus

Margarete Kühn und Schloss Charlottenburg

Nach Ende der Monarchie 1918 und dem Abschluss der Vermögensverhandlungen zwischen Staat und ehemaligem Königshaus wurde 1927 die „Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten“ gegründet. Mit der Teilung Deutschlands 1947 entstanden zwei neue Verwaltungen: in der DDR die „Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci“ und in dem zur BRD gehörenden West-Berlin die „Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Berlin“. Nach der Wiedervereinigung schlossen sich diese beiden Institutionen 1995 zur Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg zusammen. Während die amtlichen Zuständigkeiten wechselten, garantierten oft Einzelpersonen – wie Margarethe Kühn – für Kontinuität.

Prof. Dr. Margarete Kühn (1904-1995) im Jahr 1950 (1950)Schloss Charlottenburg

Hartnäckigkeit zahlt sich aus

Prof. Dr. Margarete Kühn (1904-1995) im Jahr 1950, bpk / Liselotte Orgel-Köhne

Die Kunsthistorikerin Margarete Kühn arbeitete seit 1929 bei der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten in Berlin. Im Amtssitz, dem Berliner Schloss, hatte sie auch nach der teilweisen Zerstörung noch ihr Büro. Mit der Teilung Berlins wurde der Sitz der neuen Westberliner Schlösserverwaltung mit ihr als Direktorin nach Schloss Charlottenburg verlegt.

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Helmut Börsch-Supan

Ab 1961 Kustos und von 1983 bis 1995 Stellvertretender Direktor der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Berlin.
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Margarete Kühn vor dem eingerüsteten Mittelbau von Schloss Charlottenburg (1953)Schloss Charlottenburg

Hartnäckigkeit zahlt sich aus

Margarete Kühn vor dem eingerüsteten Mittelbau von Schloss Charlottenburg, 1953
Dass Schloss Charlottenburg bald nach Kriegsende gesichert und vor dem weiteren Verfall geschützt wurde, ist Margarete Kühn zu verdanken. Sie wandte sich an den Kunstschutzoffizier der britischen Besatzungszone Major Norris. Ihm gelang es, dem Schloss den Status eines sogenannten Befehlsbaus zu geben, was mit besonderem Schutz und Privilegien verbunden war.

Zeitungsbericht aus dem Pressespiegel der SPSG (2005)Schloss Charlottenburg

Hartnäckigkeit zahlt sich aus

Zeitungsbericht aus dem Pressespiegel der SPSG, 05.03.2005

Bis zur ihrem Ausscheiden aus der Schlösserverwaltung 1969 arbeitete Margarethe Kühn am Wiederaufbau von Schloss Charlottenburg, teilweise unter schwierigen Bedingungen. Ihr Lebenswerk wurde 2005, zehn Jahre nach ihrem Tod, mit einer nach ihr benannten Straße in Charlottenburg gewürdigt.

Porträtbüste Prof. Dr. Margarete Kühn (1975) von Joachim DunkelSchloss Charlottenburg

Hartnäckigkeit zahlt sich aus

Joachim Dunkel, Porträtbüste Prof. Dr. Margarete Kühn, 1975
Bronze, 48 x 24 x 22 cm
SPSG

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Helmut Börsch-Supan

Ab 1961 Kustos und von 1983 bis 1995 Stellvertretender Direktor der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Berlin.
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Porträtbüste Prof. Dr. Martin Sperlich (1998) von Joachim DunkelSchloss Charlottenburg

Hartnäckigkeit zahlt sich aus

Joachim Dunkel, Porträtbüste Prof. Dr. Martin Sperlich, 2021
Bronze, 41 x 22 x 27,5 cm
SPSG

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Helmut Börsch-Supan

Ab 1961 Kustos und von 1983 bis 1995 Stellvertretender Direktor der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Berlin.
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Prof. Dr. Martin Sperlich auf der Balustrade von Schloss Charlottenburg bei der Aufstellung der Skulpturen (1978)Schloss Charlottenburg

Hartnäckigkeit zahlt sich aus

Prof. Dr. Martin Sperlich auf der Balustrade von Schloss Charlottenburg bei der Aufstellung der Balustradenfiguren, 1978

Mit Martin Sperlich kam erst 1957 eine zweite wissenschaftliche Arbeitskraft in das Team von Margarte Kühn. Er folgte ihr 1969 als Direktor der Schlösserverwaltung. Bis zu seinem Ausscheiden 1984 führte er den Wiederaufbau Schloss Charlottenburgs in ihrem Sinne weiter.

Mitwirkende: Geschichte

Zerstörung. Wiederaufbau?

Projektleitung: Samuel Wittwer
Konzept und Umsetzung: Jule Sophie Christ
Mitarbeit: Florian Dölle
Text: Jule Sophie Christ

Quelle: Alle Medien
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